Minister kannte Fluchtpläne

LUXEMBURG. Neuerlicher Skandal um die Luxemburger Haftanstalt Schrassig: Der am Osterwochenende gescheiterte Ausbruchsversuch dreier Gefangener war den Justizbehörden im Vorfeld bekannt. Das räumte jetzt der christsoziale Justizminister Luc Frieden ein.

Verkehrte Welt im Großherzogtum: Drei in Schrassig einsitzenden Knackis misslingt die Flucht, und die Vereinigung der Gefängnisinsassen ist anschließend nicht betrübt über den vereitelten Ausbruchsversuch, sondern macht sich Sorgen um das Wohl der Wärter. Die sind sauer, weil der Minister ihnen nichts gesagt hat, während der kritisierte Politiker die "ausgezeichnete Zusammenarbeit" der EU-Polizeibehörden lobt. Hintergrund der leicht verworren klingenden Geschichte: An Ostersamstag greifen drei Schrassiger Häftlinge einen Wärter und einen Krankenpfleger an, nehmen ihnen die Schlüssel ab und sperren sie ein. Der Fluchtversuch wird schließlich von anderen Beamten vereitelt, die Beinahe-Ausbrecher kommen zurück in die Zelle.

Ein Happyend, das nicht lange andauert. Denn schon kurze Zeit später kursieren Gerüchte, dass die Justizbehörden von den Plänen wussten. Was jetzt, immerhin zwei Wochen später, auch der Justizminister einräumt. Man habe die Flucht zulassen wollen, um die Täter mit ihren Komplizen zu schnappen, sagte der Christsoziale in einem Radiointerview.

Knackis protestieren beim Großherzog

Deshalb waren rund ums Gefängnis an jenem Abend Eliteschützen der Polizei positioniert. Auch der Direktor und zwölf Wärter waren angeblich eingeweiht. Nur die beiden überwältigten Justizbediensteten wussten offenbar von nichts. "Skandalös", meint nicht nur der liberale Oppositionspolitiker Xavier Bettel. Auch die Vereinigung der Gefängnisinsassen ist empört. Es sei nicht hinnehmbar, dass bewusst das Wohl der Gefängniswärter für einen inszenierten Fluchtversuch gefährdet worden sei, heißt es in einem Protestbrief an den Großherzog. Während der liberale Abgeordnete Bettel schnellstmögliche Aufklärung fordert, findet der Justizminister, er habe vorerst genug gesagt. Luc Frieden will jetzt erst einmal die richterliche Untersuchung abwarten, eher er sich zu weiteren Vorwürfen äußern werde.

Das Schrassiger Gefängnis gerät nicht zum ersten Mal in die Schlagzeilen. Anfang September traten 70 Gefängnisinsassen in den Streik. Sie protestierten gegen angeblich schlechte Haftbedingungen. So müssen sich mehrere Gefangene Einzelzellen teilen. Klagen kommen auch wegen fehlender Beschäftigungsmöglichkeiten in der Strafvollzugsanstalt. Nur den wenigsten Gefangenen kann eine Arbeit angeboten werden.

Und dann war noch der Streit zwischen Justizminister Frieden und seinen politischen Kritikern um eine Handy-Störanlage. Um ihre krummen Geschäfte auch hinter Gittern fortzusetzen, nutzten etliche Gefangene Mobiltelefone, um ihren "Mitarbeitern" draußen die notwendigen Instruktionen zu erteilen. Damit soll aber jetzt Schluss sein. Die Handy-Störanlage ist beschlossene Sache.

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