Ministerriege in der Ampelkoalition: Malu Dreyer verteidigt bunte Mischung aus Erfahrung und Neubeginn

Mainz · Regierungschefin Dreyer verteidigt ihre Wahl der neuen Bildungsministerin und des künftigen Wissenschafts- und Kulturministers. Die Juristin Stefanie Hubig ist für Kindergärten und Schulen zuständig, Kaiserslauterns Hochschulpräsident Konrad Wolf für Hochschulen und Kultur.

Ministerpräsidentin Malu Dreyer freut sich wie ein kleines Kind, als sie den im Burger Restaurant Big Easy (übersetzt: Der große Leichtsinn) am Mainzer Rheinufer versammelten Journalisten die fünfköpfige Riege der neuen und alten SPD-Minister in der künftigen Ampelkoalition vorstellt. Die Freude ist verständlich: Bis zuletzt hatte keiner die beiden neuen Kabinettsmitglieder auf der Agenda. Erst kurz vor der offiziellen Vorstellung an diesem schwülen Mittag sind die Namen durchgesickert: Stefanie Hubig wird Bildungsministerin und Konrad Wolf übernimmt das neu geschaffene Wissenschafts- und Kulturministerium.

Die 47-jährige Hubig ist dabei die größere Überraschung. Vor allem weil bisher nicht bekannt war, dass die bisherige Bildungsministerin Vera Reiß nicht weitermachen will - angeblich aus persönlichen Gründen. Hubig, nach eigenem Bekunden seit 2009 Mitglied der SPD, sagt von sich, dass sie bislang mit dem Thema Bildung nichts zu tun gehabt hat. "Ich finde es interessant, mich in eine neue Materie einzuarbeiten." Die 47-Jährige ist Juristin, hat als Richterin und Staatsanwältin gearbeitet. 2008 war sie in der rheinland-pfälzischen Staatskanzlei unter anderem für Verfassungs- und Parlamentsrecht zuständig.

Von 2009 bis 2013 leitete sie die Abteilung Strafrecht im Justizministerium des Landes. Seit 2014 ist sie verbeamtete Staatssekretärin im Bundesjustizministerium. In dieser Funktion sorgte sie im Sommer 2015 für Schlagzeilen: Hubig soll dem damaligen Generalbundesanwalt Harald Range mit Entlassung gedroht haben, falls er die Ermittlungen gegen zwei Journalisten des Internetinformationsdienstes netzpunkt.org wegen Landesverrats nicht einstelle.

Die Journalisten hatten Geheimdokumente des Verfassungsschutzes veröffentlicht. Range wurde kurze Zeit später in den vorzeitigen Ruhestand geschickt. Diese Sache empfinde sie nicht als Vorbelastung für ihren neuen Job als Ministerin, versichert Hubig.

"Wir sind gut aufgestellt"

Dreyer lobt die "hohe Leitungserfahrung" der Juristin, die sich in das Thema Bildung schnell einarbeiten könne. Kompetenz mache sich nicht daran fest, dass jemand jahrelang in einem Bereich gearbeitet hat, versucht Dreyer ihre Personalentscheidung zu verteidigen. Als Beispiel nennt sie sich selbst. Als sie 2002 rheinland-pfälzische Gesundheitsministerin geworden sei, habe sie zunächst auch keine Ahnung von dem Thema gehabt. Ähnlich argumentiert Dreyer auch bei dem 54-jährigen Wolf. Er bringe die Leidenschaft für das Thema Kultur mit. Kultur, so sagt daran anknüpfend der bisherige Hochschulpräsident, sei in der Tat ein neues Thema für ihn, ein Thema aber, das ihn interessiere. Wolf ist kein SPD-Mitglied, stehe der Partei aber nahe, wie er sagt.

Sie habe ihr Personal danach ausgesucht, dass es zueinanderpasse, die Chemie müsse stimmen, sagt Dreyer. "Wir sind gut aufgestellt." Die SPD-Ministerriege sei eine Mischung aus Erfahrung und Neubeginn und kein Leichtsinn.

Und das sind die sozialdemokratischen Minister in der neuen Landesregierung:
Innenminister: Roger Lewentz, 53, aus Lahnstein, verheiratet, vier Kinder, SPD-Landeschef.
Finanzministerin: Doris Ahnen, 51, aus Trier, verheiratet, Politikwissenschaftlerin.
Wissenschaft- und Kulturminister: Konrad Wolf, 54, aus Sünching (Landkreis Regensburg), Präsident der Hochschule Kaiserslautern und Vorsitzender der Landesrektorenkonferenz Rheinland-Pfalz.
Bildungsministerin: Stefanie Hubig, 47, aus Frankfurt, verheiratet, Juristin, Staatssekretärin im Bundesjustizministerium.
Sozialministerin: Sabine Bätzing-Lichtenthäler, 41, Altenkirchen, verheiratet, zwei Kinder.Meinung

Malu Dreyer in Erklärungsnot

Bildung ist ein Leib- und Magenthema von Malu Dreyer. Dem Thema hat sie ihren Wahlsieg zu verdanken. Unverständlich, warum sie ausgerechnet für diesen Kernbereich ihrer Politik keinen ausgewiesenen Bildungsexperten gefunden hat oder finden wollte. Die Juristin Stefanie Hubig jedenfalls ist bislang nicht als solche aufgefallen. Sie dürfte es daher sehr schwer haben, sich gegen aufmuckende Lehrer, Eltern und Gewerkschaften durchzusetzen. Wirksame Rezepte gegen den anhaltenden Stundenausfall dürften von ihr nicht zu erwarten sein. Dreyer gerät damit bereits zu Beginn ihrer neuen Amtszeit in Erklärungsnot. Sie muss nicht nur die Schaffung eines zusätzlichen Wissenschafts- und Kulturministeriums gegen gerechtfertigte Kritik verteidigen - sondern auch die angebliche Kompetenz der zwei neuen Minister. Denn auch der künftig für Kultur zuständige Wissenschaftsminister glänzt nicht gerade durch kulturpolitischen Sachverstand. Das Interesse für Kunst und Theater jedenfalls reicht nicht aus, um die Kultur im Land zu vertreten. b.wientjes@volksfreund.de

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