Missbrauchsprozess nach vier Verhandlungstagen geplatzt

Wegen der Erkrankung eines Gutachters muss der seit Anfang Oktober laufende Missbrauchsprozess gegen einen Rentner aus dem Hunsrück komplett neu aufgerollt werden. Kommt jetzt womöglich auch der Mord-ohne-Leiche-Prozess ins Trudeln?

Trier. Ein Prozess darf nicht länger als drei Wochen unterbrochen werden. Nur in Ausnahmefällen, etwa wenn ein Prozess schon lange dauert, verlängert sich die Frist auf maximal sechs Wochen. Das steht so in der Strafprozessordnung und soll verhindern, dass eine Verhandlung unnötig in die Länge gezogen wird.

Können die Fristen nicht eingehalten werden, platzt mitunter ein Prozess; so wie jetzt vor dem Trierer Landgericht das Missbrauchsverfahren gegen einen 65-Jährigen aus dem Raum Morbach (Kreis Bernkastel-Wittlich).

Der Rentner sitzt seit vier Verhandlungstagen auf der Anklagebank, weil er sich an einem 13-jährigen Mädchen äußerst brutal vergangen haben soll (der TV berichtete mehrfach). Der Prozess machte gleich zu Beginn Schlagzeilen, weil zwei Gutachter Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Hauptbelastungszeugin haben. Der bis dato in Untersuchungshaft sitzende Angeklagte wurde daher auf freien Fuß gesetzt, der Prozess lief aber ganz normal weiter. Bis gestern Morgen. Da teilte eine Sprecherin des Landgerichts mit, dass das Missbrauchsverfahren ausgesetzt worden sei. Heißt auf gut Deutsch: Der Prozess muss neu aufgerollt werden. Die bisherigen vier Verhandlungstage waren damit "für die Katz".

Grund für die noch nicht terminierte Neuauflage ist nach Angaben der Gerichtssprecherin "eine längerfristige Erkrankung des in dem Verfahren tätigen Sachverständigen". In diesem Jahr werde die neue Hauptverhandlung wohl nicht mehr beginnen, glaubt Rechtsanwältin Katrin Schmitt, die den Rentner gemeinsam mit ihrem Kollegen Hartmut Diesel verteidigt.

Mord-ohne-Leiche-Prozess könnte ebenfalls kippen



Das Missbrauchsverfahren gegen den Rentner ist nicht der einzige Prozess am Trierer Landgericht, in dem der erkrankte Gutachter derzeit sitzt. Auch im Mord-ohne-Leiche-Prozess um den seit drei Jahren vermissten Eifeler Rentner Walter Klein ist der Sachverständige damit beauftragt, ein Gutachten über den Angeklagten zu erstellen. Platzt nun womöglich auch dieser Prozess, der heute Morgen fortgesetzt werden sollte? "Es besteht die Gefahr, dass wir neu anfangen müssen", meint der Trierer Rechtsanwalt Paul Greinert, der den unter anderem wegen versuchter Anstiftung zum Mord angeklagten Hans S. verteidigt.

Staatsanwalt Eric Samel ist anderer Meinung. "Die Erkrankung des Gutachters hat zunächst keine Auswirkungen auf den Prozess", sagte Samel dem TV. Der Gutachter müsse nicht zwingend an jedem Verhandlungstag anwesend sein.

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