Mit dem Peiniger Tür an Tür

KELBERG. (vog) Kein Ende in Sicht: Ein verurteilter Sexualstraftäter aus einem kleinen Ort in der Verbandsgemeinde Kelberg bleibt auch elf Monate nach dem Prozess auf freiem Fuß.

Der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigte zwar alle 22 Fälle, bemängelte aber bei dreien das zugewiesene Strafmaß des Landgerichtes Trier. Jetzt blockiert einer der missbrauchten Jungen die Wiederaufnahme des Prozesses, weil er nicht beim Gutachter erscheint. "Der tut so, als wenn er nie in den Knast gehen müsste. Er pflanzt Sträucher und renoviert Zimmer", meint die Mutter eines der sieben missbrauchten Jungen kopfschüttelnd über den Straftäter. Der 65-jährige Rentner ist ihr unmittelbarer Nachbar. Er wurde im November 2003 zu sechs Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Aus allen Einzelstraftaten wurde ein Gesamturteil gebildet. Allerdings wurde der Haftbefehl schon Anfang 2002, direkt nach den Anzeigen, gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt. Der Rentner hatte nachweislich sieben Jungen (damals im Alter von acht bis 15 Jahren) von 1994 bis 2000 sexuell missbraucht - in 16 der 22 Fälle hat der BGH schweren sexuellen Missbrauch bestätigt (der TV berichtete). Allerdings forderte der BGH vom Landgericht (LG) Trier eine Neuaufnahme des Prozesses, um für drei Fälle ein neues Strafmaß festzulegen. Das LG hatte beim Urteil im November 2003 das falsche Alter des Jungen, den diese Straftaten betreffen, zugrunde gelegt. Dabei handelt es sich um einen mittlerweile 20-Jährigen, der damals in einem Nachbardorf lebte. "Er ist aber schon vor zwei Jahren zu Hause ausgezogen und seine Eltern sind vor kurzem weggezogen. Wohin, weiß keiner", erklärt die Nachbarin des Straftäters. Irmtrud Finkelgruen, Vorsitzendes Richterin, hat ein psychologisches Gutachten angeordnet. Hintergrund: Für die Urteilsfindung ist es wichtig zu wissen, ob der Junge zum Tatzeitpunkt "über sexuelle Selbstbestimmung" verfügte. "Im September hat uns der Gutachter mitgeteilt, dass alle Kontaktaufnahmen zu dem jungen Mann erfolglos waren", sagt Armin Hardt, LG-Pressesprecher. Daraufhin beauftragte Finkelgruen die Kripo Wittlich, Nachforschungen anzustellen. Am 7. Oktober teilte die Kripo Wittlich dem Landgericht mit: "Die Mutter hat versprochen, den jungen Mann dazu zu bewegen, dass er auf die Schreiben des Gutachters reagiert." Sobald das Gutachten vorliegt, soll ein neuer Termin festgelegt werden. Hardt bezeichnet die Situation für die Familien, die noch im gleichen Ort wie der Straftäter leben und eine davon sogar in unmittelbarer Nachbarschaft als "bedauerlich". Hätte das LG Trier nicht den Fehler beim ersten Prozess gemacht, wäre das Urteil schon seit Monaten (nach der Revision vor dem BGH) rechtskräftig und der Sexualstraftäter wäre im Gefängnis. Für die Nachbar-Familie ist dieser unendliche Instanzenweg nicht nachvollziehbar, da der BGH als höchste richterliche Instanz Deutschlands alle Taten als begangen bestätigt. Die Eltern sagen: "Wir fühlen uns vom deutschen Rechtssystem hintergangen. Das Schlimmste ist, dass unser Sohn tagtäglich seinem Peiniger begegnet. Und das noch 32 Monate nach unserer Anzeige."

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