Was ist Ihr wichtigster Tipp, um Schimmel zu vermeiden?
Expertin erklärt: Das hilft wirklich So können Sie weniger heizen – und trotzdem Schimmel vermeiden
Interview | Trier · Wer einfach nur die Heizung runterdreht, riskiert Schimmel. Eine Expertin erklärt jetzt, wie man trotzdem Energie sparen kann und was jeder Haushalt braucht.
O nein! Schon die ganze Zeit hatte es im Schlafzimmer so merkwürdig muffig gerochen. Und nachdem das Paar den Kleiderschrank von der Altbauwand abgerückt hat, weiß es auch, warum: Hier hat sich fieser schwarzer Schimmel breitgemacht.
Eine frei erfundene Szene, die sich so oder ganz ähnlich allerdings aktuell in vielen Haushalten der Region zutragen könnte. Zimmerecken voller Stockflecken und schwarze Fensterlaibungen sind Phänomene, mit denen ungewöhnlich viele Menschen kämpfen, seitdem es energiepolitisch, finanziell und natürlich auch im Kampf gegen die Erderwärmung sinnvoll erscheint, weniger zu heizen.
Wir haben mit Martina Rittersdorf, die bei der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz Fachberaterin für Bauen und Energie ist, darüber gesprochen, wie man weniger Heizen und Energie sparen kann, ohne Schimmel zu riskieren.
Martina Rittersdorf Mein wichtigster Tipp ist es, einen Hygrometer zu nutzen, um die Luftfeuchtigkeit in Räumen zu kontrollieren und rechtzeitig zu lüften. Dass es zu feucht ist, merkt man meist nicht. Wenn es muffig riecht, ist es schon zu spät. Die häufigsten Ursachen für Schimmelbildung sind vor allem ein schlechter Wärmeschutz in Verbindung mit einer zu hohen Luftfeuchte. Dass man weniger heizt, ist gar nicht die Hauptursache für Schimmel. Man kann ruhig die Temperatur senken, wenn der Raum trocken genug ist. Sehr wichtig dabei ist dieser Tipp: Türen zwischen unterschiedlich beheizten Räumen sollten immer geschlossen bleiben. Sonst gelangt feuchtere Luft aus einem wärmeren Raum – zum Beispiel aus der Küche oder dem Bad – in einen kühleren Raum wie das Schlafzimmer und kann dort Schimmel verursachen.
Es heißt ja oft, man soll die Raumtemperatur nicht unter 16 Grad senken. Stimmt das denn?
Rittersdorf Häufig wird davor gewarnt, die Raumtemperatur unter 16 oder sogar 18 Grad abzusenken, da dadurch generell das Schimmelrisiko steigen würde. Das ist aber so pauschal nicht richtig. Denn Räume können durchaus kälter sein, ohne dass sich automatisch Schimmel bildet. Voraussetzung ist, dass sie gleichzeitig trocken genug sind. Entscheidend für das Schimmelrisiko in Wohnräumen ist vor allem die Raumluftfeuchte. Ein Abstellraum oder ein nicht genutztes Gästezimmer ohne besondere Feuchtequellen können bei geschlossener Tür ruhig kälter sein, ohne dass ein Schimmelrisiko besteht.
In welchen Räumen muss man besonders aufpassen?
Rittersdorf Problematisch ist ein kühler Raum nur, wenn er zu feucht ist. Das kann zum Beispiel im Schlafzimmer passieren, wo beim Schlafen viel Feuchte ausgeatmet wird. Hier sollte der Raum durch Lüften ausreichend getrocknet werden und die Raumluftfeuchte immer mit einem Hygrometer kontrolliert werden. Wie trocken die Raumluft sein muss, ist unterschiedlich und hängt unter anderem vom Wärmedämmstandard des Gebäudes ab. Als Faustregel kann man sich aber merken: In der Heizperiode sollte die relative Luftfeuchte unter 50 Prozent liegen, bei frostigen Außentemperaturen besser unter 40 Prozent. Generell gilt: Je schlechter die Wärmedämmung, umso niedriger muss die relative Raumluftfeuchte sein.
Was ist mit der alten Regel: Stoßlüften hui, Kipplüften pfui – ist die korrekt?
Rittersdorf Ich schlafe gerne bei 14 Grad und mache sehr gute Erfahrungen damit, im Schlafzimmer nicht nur stoß-, sondern auch auf Kipp zu lüften. Gerade dort entsteht nachts beim Ausatmen und Schwitzen viel Feuchtigkeit, die auch in der Bettwäsche oder der Wandoberfläche sitzt. Wenn ich nur stoßlüfte, dann ist die Raumluft zwar erst mal trocken, aber nur so lange, bis sie die Feuchtigkeit aus Bettwäsche und Wänden aufnimmt. Daher rate ich dazu, das Fenster nach der Stoßlüftung noch ein bis drei Stunden auf Kipp stehen zu lassen, sozusagen eine kontrollierte Kipplüftung. So wird man auch die Feuchte nachhaltig los, die erst nach und nach abgegeben wird. Die Tür sollte dabei geschlossen bleiben und der Heizkörper auf kleiner Stufe weiterlaufen. Denn zur besseren Trocknung ist eine Wärmezufuhr sinnvoll, genau wie beim Haareföhnen.
Was raten Sie, wenn man in seiner Wohnung Schimmel entdeckt?
Rittersdorf Mieter sollten das auf jeden Fall ihrem Vermieter melden, um dann gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Wenn der Schimmelbefall größer als einen halben Quadratmeter ist, sollte man das nicht selbst entfernen, sondern eine Fachfirma beauftragen. Wichtig: Eine Schimmelpilzsanierung ist aber nur dann sinnvoll und nachhaltig, wenn vorher die Ursachen erkannt und beseitigt wurden. Sonst kommt der Schimmel sehr wahrscheinlich wieder. Bei kleineren, nur oberflächlich befallenen Flächen kann man den Schimmel auch vorsichtig selbst entfernen. Auf keinen Fall sollte man die Wand trocken abbürsten, da dies Sporen aufwirbelt. Auch von chlorhaltigen Mitteln raten wir aus gesundheitlichen Gründen ab. In Frage kommen hochprozentiger Alkohol oder Mittel ohne Chlor. Auch dann sollte man aber Handschuhe und eine Maske tragen. Wer Allergien und Asthma hat, sollte so etwas gar nicht selbst machen. Verschimmelte Tapeten sollte man erst anfeuchten und dann entfernen. Und wenn die Wand neu gestrichen wird, dann am besten nicht mit einer Dispersionsfarbe, sondern mit mineralischen Anstrichen, zum Beispiel mit Kalkfarbe. Diese kann einer erneuten Schimmelbildung entgegenwirken. Vermietern oder Eigenheimbesitzern legen wir eine Wärmedämmung ans Herz, um Schimmel zu verhindern. Denn dann steigt die Oberflächentemperatur der inneren Wandoberfläche an und das Schimmelrisiko sinkt.
Weitere Infos bietet eine Broschüre der Verbraucherzentrale.