Mühsame Ermittlungen

Nach dem verheerenden Feuer in einem Wohnhaus in Ludwigshafen mit neun Toten geht die Polizei auch Hinweisen auf Brandstiftung nach.

Ludwigshafen/Ankara. Die Ermittlungen stehen noch ganz am Anfang, aber der Druck auf die Polizei ist bereits gewaltig. Neun Menschen, darunter fünf Kinder, kamen am Sonntag ums Leben, als ein von türkischen Familien bewohntes Haus in Ludwigshafen ausbrannte. Die Ursache sei noch unklar, betonte die Polizei auch am Dienstag — und konnte doch nicht verhindern, dass Erinnerungen an Brandanschläge auf türkische Familien in Deutschland wach wurden. Die Türkei forderte eine sorgfältige Untersuchung des Falls und will sogar ein eigenes Expertenteam nach Ludwigshafen schicken. Die Erinnerung an tödliche Attacken auf türkische Familien in Mölln und Solingen Anfang der 90er Jahre bekam durch den Bericht eines kleinen Mädchens Nahrung.Benefiz-Aktionen laufen an

Das etwa acht Jahre alte Mädchen sagte mehreren Medien, sie habe am Sonntag einen Mann gesehen, der Feuer an einen Kinderwagen in dem viergeschossigen Wohnhaus gelegt habe. Die Schwester des Mädchens stützte dessen Aussage. Die Polizei will diesen Angaben nachgehen, hielt sich aber zu dem Thema weitestgehend bedeckt. Die Ermittler wissen, dass Aussagen kleiner Kinder mit einer gewissen Vorsicht zu behandeln sind. Auf den Bundesvorsitzenden der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, machte das Mädchen allerdings einen glaubwürdigen Eindruck. Kolat war am Dienstag wie auch der türkische Botschafter in Berlin, Mehmet Ali Irtemcelik, nach Ludwigshafen gekommen, um sich ein Bild von der Tragödie zu machen. Kolat berichtete von einem Mann, der bei dem Brand seine Frau und zwei Kinder verloren habe. "Das ist sehr tragisch", sagte Kolat. Er zeigte sich aber auch dankbar für die Solidarität mit den Hinterbliebenen der Opfer, die auch bei vielen Deutschen zu spüren sei. Nach zunächst unbestätigten Meldungen wird sich voraussichtlich auch der türkische Regierungs-Chef Recep Tayyip Erdogan während eines bevorstehenden Deutschland-Besuchs in Ludwigshafen ein Bild von der Tragödie machen. Die Stadt hatte bereits am Montag ein Spendenkonto für die betroffenen Familien eingerichtet. Auch erste BenefizAktionen wurden ins Leben gerufen. So sollen die Einnahmen aus einem Spiel der Ludwigshafener Fußballvereine SV Südwest und FSV Oggersheim an diesem Samstag auf ein Spendenkonto fließen. "Wir hoffen, dass wir damit das riesige Leid der Familien ein klein wenig lindern können", sagte Südwest-Geschäftsführer Patrick Kullmann. Die Ermittlungen der 50-köpfigen Polizei-Sonderkommission "Danziger Platz" haben mit einem wesentlichen Problem zu kämpfen: Weil das ausgebrannte Haus einsturzgefährdet ist, konnte sich noch niemand im Inneren umschauen. Mühsam wurde das Gebäude auch am Dienstag Stück für Stück abgetragen, um tiefer ins Innere zu gelangen. Die Ermittler hoffen, dass sie in den Überresten des Hauses nicht noch weitere Tote finden.

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