Nach der Flucht zum Arzt: Tausende Asylbewerber werden untersucht

Trier · Ihnen fehlen wichtige Impfungen, sie haben seltene Krankheiten: Viele Flüchtlinge in Trier brauchen sofort medizinische Hilfe. Für die Krankenhäuser ist das eine Herausforderung. Und ob die Versorgung ausreicht, ist umstritten.

 Patienten sollten sich vor einem Arztbesuch alle Fragen notieren. Foto: Rolf Vennenbernd

Patienten sollten sich vor einem Arztbesuch alle Fragen notieren. Foto: Rolf Vennenbernd

Wenn der Trend bei den Flüchtlingszahlen anhält, werden allein in diesem Jahr mehr als 19.000 Menschen die Aufnahmeeinrichtung für Asylbegehrende (AfA) Trier durchlaufen. Das zeigt eine aktuelle Prognose des Gesundheitsamtes Trier, von dem alle Flüchtlinge innerhalb der ersten Woche ihres Aufenthalts in Rheinland-Pfalz untersucht werden. 5951 Menschen, die überwiegend aus dem Kosovo, Albanien und Syrien stammen, waren es bislang in diesem Jahr.

Vielen von ihnen fehlt der Impfschutz, zum Beispiel gegen Masern und Windpocken. Auch andere in Deutschland seltene Infektionskrankheiten werden diagnostiziert und danach behandelt, was besonders die Trierer Krankenhäuser vor Herausforderungen stellt. Sobald es aber um mehr als akute Gesundheitsprobleme und die Beseitigung von Schmerzen geht, stoßen die Ärzte an ihre Grenzen. Denn das Asylbe8werberleistungsgesetz schränkt die medizinische Versorgung von Flüchtlingen ein.

Derzeit müssen sich Asylbewerber in den ersten 15 Monaten in Deutschland für jeden Arztbesuch vom Sozialamt eine Genehmigung einholen. "Dieses Gesetz ist diskriminierend und gehört ersatzlos gestrichen", sagt die rheinland-pfälzische Integrationsministerin Irene Alt (Grüne).

Auch die Flüchtlingsbeauftragte des Bundes, Ayda Özoguz, hält die derzeitige Regelung für unsachgemäß und gefährlich. Wenn Mitarbeiter von Sozialämtern ohne entsprechende Ausbildung über einen Arztbesuch entschieden, könne dies zu schweren Schädigungen und sogar Todesfällen führen, sagte Özoguz bei der Bundeskonferenz der Integrationsbeauftragten in Mainz.

Eine in Bremen und Hamburg bereits eingeführte Chipkarte könnte das ändern. Integrationsministerin Alt fordert, den rechtlichen Rahmen für eine solche Gesundheitskarte zu schaffen. Ausdrücklich begrüßt die Ministerin eine EU-Richtlinie zur medizinischen Versorgung von Asylsuchenden, die zum 21. Juli in Kraft treten soll. Diese definiert Standards wie für Minderjährige, Behinderte, Schwangere oder traumatisierte Menschen.

Mit einer freiwilligen medizinischen Eingangsuntersuchung versucht das Land seit 2014, die Vorgaben der EU-Richtlinie zumindest teilweise zu erfüllen.

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