Nach der Wahl ist vor der Wahl

"Stell Dir vor, es sind Wahlen und keiner geht hin", dieser Spruch gilt offenbar immer mehr. Nirgendwo kann der Wähler mehr Einfluss nehmen als bei den Kommunalwahlen: Listen durcheinander wirbeln, Partei übergreifend abstimmen, Kandidaten nach vorne wählen oder sogar streichen.

Dennoch ging die Wahlbeteiligung, die bereits 1999 um zwölf Prozentpunkte abgesackt war, erneut um rund fünf auf gerade 57 Prozent zurück. Nur ein Ort kämpfte wacker wider den negativen Trend: Heinzenberg, mit 35 Einwohnern der kleinste Ort im Kreis Bad Kreuznach, steigerte seine Wahlbeteiligung auf sage und schreibe 100 Prozent. Bei der letzten Wahl glänzte einer der Bewohner durch Nichterscheinen, doch das sprach sich rasch herum. Dieses Mal waren alle Männer und Frauen an Bord, schließlich nimmt man es ernst mit den Wähler-Pflichten. Kaum hatte Wahlverlierer Kurt Beck den Tiefschlag von Sonntag verwunden, wechselte er in die Abteilung Angriff. Angesichts der Diskussion um CDU-Chef Christoph Böhr und die Position des Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 2006 lästerte der Ministerpräsident: "Wenn ich einen solchen Hühnerhaufen hätte wie Herr Böhr, hätte ich längst den Spaß an der Politik verloren." Doch die CDU konterte. Nach dem Wahldesaster gackere bei den Genossen kein Huhn mehr, spöttelte ihr Generalsekretär Claudius Schlumberger. Beck sei zum Gockel ohne Hühner geworden. Doch die Unionsspitze muss nicht nur den politischen Gegner, sondern auch die "Parteifreunde" im Auge behalten. "Schluss mit der ewigen Miesmacherei!", forderte der Parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion, Herbert Jullien, per Presse-Erklärung von seinem Abgeordnetenkollegen Alex Licht. Der solle auf den Glanz der Partei nicht ständig Schatten werfen und Unruhe stiften. Beck verstand sich dagegen als Stimme des kleinen Mannes: Den Vorwürfen um die günstigenLuxusvillen für oberste Bundesbanker müsse Finanzminister Eichel sofort nachgehen, forderte er. Fazit: Der Wahlkampf 2006 hat begonnen.

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