Nach der Wahl ist vor der Wahl
Trier · Politikverdrossenheit? Nicht beim Trierischen Volksfreund! Die Redaktion hat in einer Online-Umfrage (1. bis 4. April) um die Bewertung der politischen Berichterstattung gebeten. 548 Leserinnen und Leser beteiligten sich und gaben spannende Antworten - auch zur Landtagswahl.
Nach der Wahl ist vor der Wahl: Gut drei Wochen, nachdem die Bürger darüber abgestimmt haben, wer Rheinland-Pfalz in Zukunft regiert, arbeiten die Parteien das Ergebnis auf. Es geht um Partner, Posten, Positionen. Die einen versuchen, sich zur Ampelkoalition zusammenzuraufen, die anderen grübeln, was ihnen den sicher geglaubten Sieg vermasselt hat, und die alternative Fundamentalopposition bereitet sich auf ihre Parlamentspremiere vor.
Warum hat die SPD gewonnen? Wieso hat die CDU verloren? Was ist mit der AfD? Die Volksfreund-Leser haben klare Antworten.
Für 66 Prozent der Umfrage-Teilnehmer wahlentscheidend: nicht das Programm, sondern die Person - Malu Dreyer ist populärer als Julia Klöckner. Der "Malu-Bonus" habe der Ministerpräsidentin geholfen, sagen viele. Dagegen sei Herausforderin Klöckner im Wahlkampf als "nicht kompetent", "zu forsch" und "zu selbstbewusst" rübergekommen, selbst CDU-Stammwähler hätten sie "verhindern" wollen. Dass Klöckners Schlingerkurs in der Flüchtlingsfrage ("Plan A2") der CDU geschadet habe, glauben 36 Prozent der Befragten. (Anmerkung: hier wie im Folgenden waren Mehrfachnennungen möglich).
Die Alternative für Deutschland habe viele Stimmen von Protestwählern erhalten, die SPD, CDU & Co. einen Denkzettel verpassen wollten, meinen 75 Prozent. Fast die Hälfte schätzt die AfD wegen teilweise radikaler Tendenzen als gefährlich ein, ebenso viele vermuten, dass sie über kurz oder lang wieder von der politischen Bühne der Bundesrepublik verschwinden wird.
Einige Anhänger der AfD argumentieren, ihre Partei sei "von nahezu allen gesellschaftlichen Kräften verteufelt" und "gemobbt" worden, weil sie Ansichten vertrete, die viele Deutsche teilten, für die man aber schnell in eine "extreme Ecke" geschoben werde; gerade die "Verunglimpfung" habe ihr Wähler zugetrieben, insbesondere aus dem konservativen Lager, das von der "nach links gerutschten Merkel-CDU" enttäuscht sei.
Nur sechs Prozent der Leser erwarten, dass die AfD im Mainzer Landtag konstruktive Oppositionsarbeit leisten wird.
Eine mögliche Koalition aus SPD, FDP und Grünen, die derzeit verhandelt wird, begrüßen 52 Prozent der Befragten.
Und welche Themen sollte die Regierung in Angriff nehmen? Die Sicherheit der Bürger hat für 80 Prozent höchste Priorität, gefolgt von Bildung (77 Prozent), Straßenbau (72 Prozent), Abbau der Schulden (57 Prozent) und der Lösung der Flüchtlingsfrage (56 Prozent). Eher untergeordnet: Umweltschutz (41 Prozent) und Energiewende (39 Prozent). Häufiger ins Spiel gebracht: die Abschaltung der Atomkraftwerke Cattenom und Tihange sowie der Ausbau des schnellen Internets in der Region.
Hier der Überblick über weitere Ergebnisse: 81 Prozent der Umfrage-Teilnehmer sind mit der Berichterstattung des Volksfreunds über Parteien, Programme und Personen im Landtagswahlkampf "sehr zufrieden" oder "zufrieden". Für manche ist es zu viel gewesen, für manche zu wenig, und einige bemängeln, dass "die Kleinen und die ganz Kleinen" nur am Rande erwähnt worden seien.
76 Prozent sagen, dass der Volksfreund immer oder fast immer ausgewogen und kritisch-distanziert über Politik berichtet. 21 Prozent meinen, dies treffe "eher nicht" zu, drei Prozent "gar nicht". Die Mehrheit der Leser attestiert der Volksfreund-Redaktion also Überparteilichkeit und Unabhängigkeit.
Dass die Wahrnehmung unterschiedlich ist, zeigen Meinungen wie diese: "bevorzugt die SPD", "bevorzugt die CDU", "Sympathie für Malu Dreyer", "war schon vor 50 Jahren und ist auch heute noch bis auf wenige Ausnahmen ein CDU-freundliches Blatt", "traditionell eher linkslastig", "klare Bevorteilung der CDU", "ist landläufig als SPD-Zeitung verschrien", "ist in letzter Zeit zur CDU-Zeitung geworden", "hat einseitig Wahlkampf für die SPD gemacht", "bei allem ein schwarzer Touch", "absolut rotes Blatt", "deutlich der CDU zugetan", "SPD-lastig" und so weiter.
Grundsätzlich sind 83 Prozent "sehr zufrieden" oder "zufrieden" damit, wie die großen Linien der Politik aufgezeigt und von der Redaktion in Hintergründen und Analysen erklärt werden.
Die meisten Leser interessieren sich für kurze, tagesaktuelle Nachrichten (85 Prozent), gefolgt von Kommentaren (50 Prozent), Beiträgen von Korrespondenten, die beschreiben, wie die Politiker agieren (50 Prozent), ausführlichen Berichten über neue Gesetzesvorhaben oder Parteipolitik (48 Prozent) und Frage & Antwort-Stücken, in denen aufgedröselt wird, was die Entscheidungen der Politiker für die Menschen bedeuten (45 Prozent). Abgeschlagen: Interviews (28 Prozent), Artikel über persönliche Fehler und Verfehlungen von Politikern (19 Prozent) und menschelnde Porträts (16 Prozent).
Und die Wünsche der Leser an die Politik-Redaktion? Weiter so, sagen die allermeisten. Einige regen an: noch mehr Hintergrund, noch mehr Tiefe, noch mehr kritische Distanz. Vereinzelt heißt es: noch mehr Neutralität, noch mehr Ausgewogenheit, noch mehr Objektivität. Und: "Decken Sie die Mauscheleien der Politiker auf, haken Sie nach!" "Betreiben Sie keinen Personenkult!" "Bleiben Sie hart, aber herzlich!"
Wir kümmern uns darum. Versprochen.