Nationalpark Hunsrück-Hochwald feiert ersten Geburtstag – Touristiker: Zu wenig Hotels vor Ort

Trier · Schon 265.000 junge Buchen wurden gepflanzt und hektarweise Moore renaturiert, seit der Nationalpark Hunsrück-Hochwald vor einem Jahr gegründet wurde. Obwohl die Region deutlich mehr Besucher zählte, fällt die erste Bilanz durchwachsen aus: Es mangelt an touristischer Infrastruktur.

Auf den Tag genau ein Jahr ist es heute her, dass der erste rheinland-pfälzische Nationalpark nach langen Diskussionen eröffnet wurde. 23 Millionen Euro Fördermittel flossen dem Umweltministerium zufolge in die Region Hunsrück-Hochwald, fast zehn Millionen Euro zusätzlich für Stadtentwicklung, Tourismus oder schnelleres Internet. 57 Nationalparkführer wurden seitdem ausgebildet, 265.000 junge Buchen gepflanzt, 12,5 Hektar Moore renaturiert. Die Natur darf nun wieder Natur sein. Aber was bringt der Park den Menschen?

Die Landesregierung feiert ihren Nationalpark. Er sei schon jetzt ein Besuchermagnet, schreibt das Ministerium. 2015 seien an Hunsrückhaus und Wildenburg rund 20.000 Besucher mehr gezählt worden. Das Interesse an den Rangertouren sei groß. All das bestätigen auch die Touristiker der Region. Allerdings weisen sie recht deutlich auf ein Problem hin: Es fehlen (moderne) Hotels, Pensionen, Restaurants. Kein Wunder also, dass die Übernachtungszahlen nicht explodiert sind.

"Meine Erwartung ist, dass der Park in fünf Jahren ein Plus von zehn Prozent bringt", sagt Gereon Haumann, Landeschef des Hotel- und Gaststättenverbandes. Dafür müsse die Regierung sich aber an ihr Versprechen halten. Haumann fordert, dass Betriebe mit 20 bis 40 Prozent gefördert werden. Aus eigener Kraft schafften sie es nicht, "sich attraktiv aufzustellen". Zudem hält er eine Jugendherberge am Erbeskopf für sinnvoll. Ein weiteres Problem, das die Touristiker benennen: Der junge Park grenze sich kaum zu seinem Umland ab, sei noch nicht erkennbar.

Zwar wurde so manche Straße saniert oder ihr Ausbau angemeldet, doch kritisiert die Landes-CDU, dass zu wenig passiert sei. Es fehle ein "Masterplan für ein Regionalmanagement".

Auch die Holzwirtschaft sieht den Park unvermindert kritisch. Zwar bekommen Sägewerke im Winter nun sogar mehr Fichtenholz aus dem Schutzgebiet, das in einen artenreichen Laubwald verwandelt wird, doch fürchten sie langfristig um ihre Zukunft.

Die Regierung freut sich unterdessen über das große Medienecho und plant weiter. Bis 2020 sollen weitere 42 Millionen Euro Fördergeld der EU und aus Landesmitteln in den Nationalpark fließen, unter anderem um das Wegenetz auszubauen oder die Nationalparktore an den öffentlichen Verkehr anzubinden.Mehr zum Thema

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Der Nationalpark Hunsrück-Hochwald hat eine feste Organisationsstruktur.Das Nationalparkamt plant, betreibt und unterhält den Park. Die 50 bis 60 Mitarbeiter, vorwiegend aus den Forstämtern, betreuen Besucher, pflegen die Wege und regulieren den Wildtierbestand. Ziele und Projekte für die Entwicklung des Schutzgebiets legt der Nationalpark-Plan fest.Vertreter der Landkreise, Verbands- und Ortsgemeinden bilden die Kommunale Nationalpark-Versammlung. Das Gremium wird in alle wichtigen Aktivitäten eingebunden. Es muss zum Beispiel dem Nationalpark-Plan zustimmen.Der Nationalpark-Beirat steht dem Amt als Expertengremium zur Seite und berät zu grundsätzlichen Fragen der Erhaltung und Entwicklung des Parks. Das Amt richtet den Beirat ein und benennt die Mitglieder - in Abstimmung mit der Nationalpark-Versammlung.Mindestens einmal pro Jahr soll es ein Bürgerforum geben, um interessierte Menschen aus der Region über die Neuerungen im Park zu informieren und sie einzubeziehen.Unabhängig von diesen Einrichtungen haben Kommunen aus der Nationalpark-Region im März mit 13 Mitgliedern den Verein Regionalentwicklung Hunsrück-Hochwald gegründet. Darin wollen sie ihre Interessen bündeln, einen Masterplan für die Entwicklung ihrer Region aufstellen, Fördermittel einwerben und sinnvoll verteilen. Der Verein soll auch als gemeinsames Sprachrohr dienen, um die eigenen Interessen gegenüber dem Land zu vertreten. Mitglieder können auch Wirtschaftsunternehmen und Privatpersonen werden. cweb

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