Neonazis marschieren, eine Stadt protestiert

TRIER. Samstagnachmittag: Trier im Ausnahmezustand. Mehr als 500 Menschen folgen dem Aufruf des "Bündnisses gegen Rechts" und demonstrieren gegen die "Offensive Moselland", deren Anhänger rechtsextreme Hass-Tiraden verbreiten. Die Polizei hält beide Gruppen auseinander, niemand wird verletzt. Um 17 Uhr ist der rechte Spuk vorbei.

"Frauen gegen Rechts" oder auch "Kein Sex mit Nazis" steht auf den Plakaten, die ab 10 Uhr am Viehmarkt über einer immer größer werdenden Menschenmenge schweben. Das "Bündnis gegen Rechts" will ein Zeichen gegen Rassismus und Neofaschismus setzten und ruft dazu auf, der rechtsextremen Gruppe, die durch Trier marschieren will, deutlich zu zeigen, dass sie hier absolut unerwünscht ist. Das Motto: "Unser schöner Trier ist bunt, nicht braun." Die Resonanz ist sehr groß. Das aus zwölf Institutionen bestehende Bündnis, darunter die Grünen Trier-Saarburg, die Arbeitsgemeinschaft Frieden und das Multikulturelle Zentrum, wird von weiteren 49 Gruppen und Parteien unterstützt. Die Kundgebung erregt die Aufmerksamkeit vieler Passanten. Die Polizei wartet derweil am Hauptbahnhof auf den rechten Aufmarsch. Nach und nach treffen die Mitglieder und Sympathisanten der "Offensive Moselland" ein. Ihre Zentrale ist ein grüner ehemaliger Polizei-Transporter, um den sich die am Ende 90 Mann starke Truppe sammelt. Ihre Kundgebung beginnt und wird sofort ein Fall für die Staatsanwaltschaft. Mit sich überschlagener Stimme bekennt sich ein Redner zum Nationalsozialismus und zitiert mehrfach Adolf Hitler. Video-Kameras der Polizei halten alles fest. "Noch kein Grund, die Demonstration aufzulösen. Aber das ist ein klarer Verstoß gegen die Auflagen und wird wohl Folgen für den Betreffenden haben", sagt Polizei-Sprecherin Monika Peters. Hunderte Gegendemonstranten stören die Kundgebung mit Rufen und Pfiffen, doch es gibt keine direkten Übergriffe. Die Polizei ist ein unüberwindbares Hindernis. "Fast 1100 Kollegen sind heute im Einsatz", verrät ein Beamter. "Das gab es in Trier noch nie." Die "Offensive Moselland" setzt sich in Bewegung. Begleitet von der Polizei zieht die Gruppe durch die Kürenzer-, Schönborn- und Balthasar-Neumann-Straße. Dann ist Schluss. Der Weg durch die Paulinstraße zur Porta Nigra ist von mehr als 100 Gegendemonstranten blockiert. Schilde hoch und vorrücken: In mehreren Schritten räumt die Polizei die Paulinstraße und drängt die Gegendemonstranten in die Maximinstraße zurück. Es fliegen Steine und Flaschen, aber niemand wird verletzt. Anwohner von Trier-Nord kommen nicht mehr durch die Polizeisperren in ihre Häuser. "Eine Stunde mussten wir warten", sagt ein Betroffener. Als der Weg frei ist, ziehen die Rechten zur Porta Nigra. Es folgt die Fortsetzung der sinnfreien Kundgebung. Die Schallwellen erreichen auch den Vorplatz der Porta. Viele wenden sich mit Grausen ab. Irritierte Touristen werden informiert, bevor sie auf die Idee kommen, die Kundgebung könne auf den Überzeugungen einer Mehrheit beruhen. Danach geht es zurück zum Hauptbahnhof, der Spuk ist vorbei. Die Polizei meldet 16 Festnahmen. Ein 20-Jähriger, der Utensilien für einen Molotow-Cocktail mit sich führte, wurde im Vorfeld der Demo festgenommen.

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