Nervenarzt liegen Nerven blank

Seit fast zwei Jahren wird gegen den Trierer Nervenarzt Peter Binz wegen Abrechnungsbetrugs ermittelt. Ein Ende ist nicht in Sicht.

Trier. (wie) Die Ermittlungsakten lagern in 30 Kisten bei Polizei und Staatsanwaltschaft. Blatt für Blatt werden sie durchforstet, auf der Suche nach Hinweisen, dass der Arzt, dem die hoch vertraulichen Patientenakten gehören, mehr abgerechnet hat, als er geleistet hat. Um durch das komplizierte ärztliche Abrechnungssystem durchzusteigen, sollen sogar Arzthelferinnen angeheuert worden sein, um die Ermittler zu unterstützen. Seit eineinhalb Jahren werden die Akten gewälzt. Solange ermittelt bereits die Trie rer Staatsanwaltschaft gegen den Trierer Nervenarzt Peter Binz. Vorwurf: Der 67-Jährige soll für einige Behandlungen mehr Zeit abgerechnet haben, als der ärztliche Abrechnungskatalog dafür zulässt. Angestoßen wurden die Ermittlungen damals von der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Rheinland-Pfalz, die bei der Überprüfung der Abrechnungen des in der Ärzteschaft umstrittenen Binz angeblich Unregelmäßigkeiten festgestellt haben will. Wie lange noch ermittelt wird gegen den Nervenarzt, der vor kurzem mit dem Zivilcourage-Preis der Solbach-Freise-Stiftung für seine Unbequemlichkeit ausgezeichnet wurde, ist unklar: "Das kann dauern", sagt Oberstaatsanwalt Volker Bewernick. Problematisch: Viele der Binzschen Patienten kämpfen um die Anerkennung einer Berufskrankheit vor Gericht, in ihren Akten stehen höchst sensible Daten. Und zum anderen muss Binz zur Behandlung seiner Patienten ständig deren Unterlagen bei der Staatsanwaltschaft anfordern, weil diese im Sommer 2006 alle beschlagnahmt wurden. Der Arzt, der im März aus Altersgründen seine Praxis aufgeben wird, spricht daher auch von Schikane. Und wie aus von ihm vorgelegten Unterlagen hervorgeht, lag er bei seinen Einnahmen weit unter denen vergleichbarer Durchschnittspraxen. Nun bekommt der Arzt ausgerechnet Unterstützung von denjenigen, die er als "Nestbeschmutzer" bezeichnet. In einer Stellungnahme der Kassenärztlichen Bundesvereinigung an die Trierer Staatsanwaltschaft, die dem TV vorliegt, heißt es, dass ein Arzt die Behandlung eines Patienten als zeitlich unbegrenzte "Sitzung" abrechnen könne, auch wenn in dieser Zeit etwa eine Arzthelferin dem Patienten Blut abnehme. Pikant daran: Die Entlastung für Binz kommt ausgerechnet von der Ärztevertretung, deren zweiter Vorsitzender der Trierer Arzt Carl-Heinz Müller ist. Müller hat damals als KV-Vorsitzender die Ermittlungen gegen Binz ins Rollen gebracht.

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