. Neue Leiterin des Sozialpädiatrischen Zentrums: "Wir knüpfen ein Netz um jedes Kind"

Trier · Seit einem knappen halben Jahr ist Susanne Heicappell medizinische Leiterin des Sozialpädiatrischen Zentrums in Trier - den meisten Menschen in der Region als "Kinder-Frühförderung" bekannt. Die Expertin für Kinderheilkunde, Jugendmedizin und Genetik sucht händeringend nach Arzt-Kollegen für ihre Einrichtung.

 Fühlt sich wohl in Trier: Susanne Heicappell. TV-Foto: Friedemann Vetter

Fühlt sich wohl in Trier: Susanne Heicappell. TV-Foto: Friedemann Vetter

Trier. Wenn Susanne Heicappell vom Sozialpädiatrischen Zentrum erzählt, dann ist ihr die Begeisterung über "ihre" Institution immer noch anzumerken. Zwar ist nach ihrem Bekunden die "Kennenlernphase" vorbei, aber die kooperative Art der Arbeit beeindruckt sie nach wie vor.
Die 55-Jährige hat reichlich Erfahrung auf dem Gebiet der Kinder- und Jugendmedizin, arbeitete unter anderem viele Jahre in Berlin. Was ihr in Trier imponiert, ist die intensive Zusammenarbeit über räumliche und institutionelle Grenzen hinweg.
Tatsächlich ist das Sozialpädiatrische Zentrum eine Einrichtung zwischen allen Stühlen. Man hat eine starke Zentrale in Trier, betreibt aber auch Außenstellen in allen Landkreisen. Für die Trägerschaft haben sich Caritas und Lebenshilfe zusammengetan - ein kirchlicher und ein weltlicher Sozialverband. Vom medizinischen Angebot her ist das Zentrum ein Bindeglied zwischen den Kinder-Fachärzten und den pädiatrischen Stationen der Krankenhäuser.
Über Konfliktpotenzial und Konkurrenzdenken dürfte man sich also eigentlich nicht wundern. Aber sie habe in Trier etwas ganz anderes kennengelernt, sagt Heicappell: "Wir knüpfen ein Netz um jedes Kind". Es gebe in jedem Einzelfall einen "am Kindeswohl orientierten, engen Dialog" zwischen Kliniken, Ärzten und Frühförderung. "Die Kinderärzte schicken uns die Kinder bei Bedarf gern, und wir geben sie nach der Behandlung auch gerne wieder an die Ärzte zurück."
Die medizinische und therapeutische Betreuung für Kinder und Jugendliche im Sozialpädiatrischen Zentrum kann freilich Jahre dauern. Bis zu 150 Kinder und Jugendliche sind hier täglich in Behandlung. Die ehemalige Kaserne im Trierer Stadtteil Euren ist inzwischen Stück für Stück den Bedürfnissen der Einrichtung angepasst worden.
"Unsere Ressourcen sind gut", sagt Susanne Heicappell unumwunden. Die therapeutisch-technische Ausstattung sei absolut ausreichend, die Hightech-Medizin überlasse man ohnehin lieber den Krankenhäusern. Das klingt nach paradiesischen Verhältnissen, wäre da nicht ein starker Wermutstropfen: Das Sozialpädiatrische Zentrum sucht dringend Kinderärzte - und findet sie nicht. "Zwei Ärzte für unser Team brauchen wir wirklich dringend", sagt die Chefin. Bei Ergo- und Physiotherapeuten, Logopäden, Heil- und Sonderpädagogen können (noch) alle Stellen besetzt werden - bei den Fachmedizinern nicht mehr.
Am Budget liegt es nicht. "Die Finanzierung ist klar, und wir bezahlen ganz normal", versichert Hans Tilly, Geschäftsführer des Zentrums. Aber der Markt ist leer gefegt, viele Kinderärzte streben in die Selbstständigkeit oder ziehen einen Job im benachbarten Ausland vor.
Keine Überraschung, dass die beiden zusätzlichen Kollegen ganz oben auf der Wunschliste von Susanne Heicappell stehen. Wo sie ebenfalls künftig Akzente setzen will, ist bei den Kontakten zu den Eltern. Das sei, sagt sie, "in einer großen Flächenregion wie hier nicht immer so einfach" - nicht zuletzt aufgrund der langen Wegstrecken.
Und was sollen Eltern tun, die befürchten, mit ihren Kindern sei gesundheitlich etwas nicht in Ordnung? Erst mal nicht in Panik verfallen, rät Dr. Heicappell, aber auf jeden Fall den Kinderarzt zu- rate ziehen, dem eine "Schlüsselposition" zukomme. Wichtig sei, Probleme nicht zu ignorieren. Und: aktiv zu werden: "Wir haben bei vielen Krankheiten eine Riesenchance, positiven Einfluss zu nehmen, wenn wir möglichst frühzeitig beginnen können".Extra

Das Sozialpädiatrische Zentrum wurde 1981 gegründet und über lange Jahre von Geschäftsführer Hans Tilly und der ärztlichen Leiterin Marie-Luise Ipach geprägt. Vor der Berufung von Susanne Heicappell war die ärztliche Chef-Stelle über Monate nicht besetzt. Hintergrund war der tragische Tod der Amtsvorgängerin Dorothee Thaler. Sie war am Neujahrstag 2013 beim Urlaub in ihrer baden-württembergischen Heimat gemeinsam mit ihrem Ehemann einem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen. Der Täter hatte sich anschließend das Leben genommen. DiL

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