Neue Regeln beim Ausbau in der Region: Droht beim Wind die Klagewelle?

Irrel/Ruwer/Mainz · Gemeinden und Investoren stören sich an neuen Regeln, die den Aufbau von Windrädern erschweren. Im Streit mit dem Land warnen sie vor Jobverlusten und Milliardeneinbußen.

Es gab Zeiten, da träumte Moritz Petry von 57 Windrädern für die Verbandsgemeinde Südeifel (Kreis Bitburg-Prüm). Diese sollten Geld in die Kasse spülen, in der nach den Aussagen des Bürgermeisters ein Loch von 16 Millionen Euro klafft. Inzwischen geht Petry davon aus, nur noch zehn Anlagen verwirklichen zu können. "Wenn es hoch kommt", murrt der CDU-Politiker.

Der Grund: Die rot-gelb-grüne Ampelregierung in Mainz schreibt den Landesentwicklungsplan fort - und verschärft mit neuen Regeln den Ausbau von Windrädern. Künftig sollen die Anlagen mindestens 1000 Meter von bewohnten Gebieten entfernt stehen, wo es nun 800 Meter sind. Dazu gibt es deutlich mehr Tabu-Bereiche, wie in Kernzonen von Naturparks. Im Juni sollen die neuen Pläne endgültig in Kraft treten - doch viele Gemeinden beklagen, dass sich Behörden bereits jetzt daran halten. Beispiele aus der Region zeigen, was mit einst großen Plänen passiert: Ein Flächennutzungsplan der Verbandsgemeinde Schweich ging zuletzt nicht wie gewünscht durch, auch Pläne in Pellingen schrumpften zusammen. Die betroffenen Gemeinden müssen nun mit Einbußen rechnen, sagt Moritz Petry. Für die Südeifel rechnet er mit neun Millionen Euro weniger in 25 Jahren.

Damit liegt er auf der Linie des des AnkerBundesverbandes der Windenergie. Landesvorstand Ciro Capricano geht davon aus, dass dem ländlichen Raum Investitionen im Umfang von vier bis fünf Milliarden Euro verloren gehen, sollten die neuen Regeln kommen. Auch etliche der 3580 Arbeitsplätze, die im Land mit der Windbranche zu tun haben, seien gefährdet. Die Windlobby erwartet auch einen Rückgang der Windenergie im Land - nur noch 876 statt 1365 Gemeinden könnten diese künftig nutzen, die Fläche für Windkraft drohe sich von 100.000 Hektar auf 46.000 Hektar zu halbieren - das wäre ein Rückgang in der Größe von gut 140.000 auf rund 64.000 Fußballfelder. Damit stehe die Energiewende generell infrage, sagte Capricano in Mainz.

Hanns-Detlev Höhne vom Verband Kommunaler Unternehmen in Rheinland-Pfalz kritisiert die Regierung dafür, Gemeinden mit ihrem Entwurf vor "vollendete Tatsachen" gestellt zu haben. Petry schließt eine Klage nicht aus und beruft sich auf ein Gutachten des Trierer Anwalts Paul Henseler. "Wir schöpfen alle Möglichkeiten aus, Windkraft bei uns zu ermöglichen." Ein Wind-Lobbyist mutmaßt schon bei einer Pressekonferenz in Mainz: "Am Ende klagen Investoren und Gemeinden. Das wird ein Chaos im Quadrat."

Das Innenministerium weist die Kritik von sich, die Gemeinden zu spät über die neuen Pläne unterrichtet zu haben. Durch den Koalitionsvertrag sei schon früh deutlich geworden, was die Regierung plane, sagt ein Sprecher. Im Juni habe man dazu die Kommunen per Schreiben informiert. Innenminister Roger Lewentz (SPD) sagt, das Land bremse die Windkraft nicht aus. Es gelte aber, Wünsche der Bürger und den Naturschutz zu berücksichtigen. "Anlagen werden immer größer. Gerade aufgrund der optisch bedrängenden Wirkung wollen wir einen größeren Puffer zwischen Anlagen und Wohnorte bringen", sagt Lewentz.Mehr zum Thema

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