Norm-Hecke erhitzt die Gemüter

MAINZ. HimmelhohenHecken an der Grundstücksgrenze soll ein neues Nachbarrecht die Spitze nehmen. Doch vorab sorgt das angeb-lich friedensstiftende Gesetz für Ärger bei Umweltschützern und im Landtag.

 Zollstock und Heckenschere: Diese Werkzeuge wird so mancher Gartenbesitzer im Land zur Hand nehmen müssen, wenn das neue Heckengesetz in Kraft tritt.Foto: Willi Speicher

Zollstock und Heckenschere: Diese Werkzeuge wird so mancher Gartenbesitzer im Land zur Hand nehmen müssen, wenn das neue Heckengesetz in Kraft tritt.Foto: Willi Speicher

"Nicht nur Pflanzen brauchen Licht, sondern auch Menschen", sagt Justizminister Herbert Mertin (FDP) und kann den Ärger um das geplante neue Nachbarrecht nicht verstehen. Hält eine Hecke einen Mindestabstand von 75 Zentimetern zum Nachbargrundstück ein, kann sie bisher ungebremst wachsen, auch wenn dem Nachbar und seinen Pflanzen dadurch ein Schattendasein beschert wird. Damit soll Schluss sein, wenn der Landtag heute mit der Koalitionsmehrheit von SPD und FDP neue Vorgaben beschließt. Entscheidender Punkt: Beim Abstand von 75 Zentimetern gilt eine Höhe von zwei Metern als Grenze, die nur noch mit zunehmendem Abstand steigen darf. So muss etwa eine drei Meter hohe Hecke demnächst mit 1,75 Meter exakt einen Meter weiter weg von der Grenze platziert werden als bisher. Mancher Gartenbesitzer wird zur Heckenschere greifen müssen, wenn seinem Nachbar das Gewächs schon lange ein Dorn im Auge ist. Was gut gemeint ist, um Nachbarschaftsstreit zu verhindern, hat nach Einschätzung der Naturschützer von Nabu und BUND allerdings gravierende ökologische Folgen. Freiwachsende Wildstrauchhecken wie Holunder, Kornelkirsche oder Hasel könnten sich nicht mehr entfalten, weil sie wie gewöhnliche Form- und Schnitthecken behandelt würden und heruntergeschnitten werden müssten, kritisieren die Umweltverbände. Viele wertvolle heimische Wildsträucher blühten und fruchteten erst oberhalb von zwei Metern oder vertrügen keinen Rückschnitt, so ihre Argumentation. Zusammen mit Landschaftsarchitekten fordern BUND und Nabu ein Vertagen des Gesetzes, zu dem sie nicht gehört wurden, oder zumindest Ausnahmeregelungen. Die Naturgartenfreunde wollen heute vor dem Landtag demonstrieren und den Abgeordneten die "Mertin-Norm-Hecke" vorführen. Auch die Grünen fordern eine Unterscheidung zwischen Schnitthecken und Wildsträuchern ein, während das Umweltministerium keine Einwände gegen das Gesetz vorbringt. Die CDU will vom neuen Nachbarrecht nur die Änderungen mittragen, die in den Wingerten den Mindestabstand der Rebzeilen zur Grundstücksgrenze auf 75 Zentimeter verringert. Alles andere sei unsinnig und reine Arbeitsbeschaffung für Anwälte und Gerichte, wettert der Vorsitzende des Landwirtschaftsausschusses, Michael Billen (CDU). Er ist vor allem sauer auf die Koalition, weil sie vereinbarte zusätzliche Gespräche über die umstritteneHecken-Regelung platzen ließ. "Haushohe Hecken entziehen dem Nachbargrundstück Licht und Luft, egal ob Formhecken oder frei gewachsen", sagt Mertin dazu.

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