Normal und natürlich

THALFANG. "Hebamme im Einsatz" steht auf dem Pulli von Ute Krause aus Thalfang. Daneben ist ein Storch abgebildet. Seit fast zwanzig Jahren ist Ute Krause als freie Hebamme im Einsatz. "Aus Idealismus", sagt die fünffache Mutter. Rund 700 freiberufliche Hebammen gibt es in Deutschland.

 Bei der ersten Hausgeburt in Hilscheid seit vierzig Jahren brachte Heike Pfeiffer mit liebevoller Unterstützung von Hebamme Ute Krause (links), Töchterchen Maja zur Welt.Foto: Anke Emmerling

Bei der ersten Hausgeburt in Hilscheid seit vierzig Jahren brachte Heike Pfeiffer mit liebevoller Unterstützung von Hebamme Ute Krause (links), Töchterchen Maja zur Welt.Foto: Anke Emmerling

Den Grundstein für die Begeisterung, mit der Ute Krause ihren Beruf ausübt, legte eine Lehrhebamme in Tübingen. "Diese Frau hatte unglaublich viel Erfahrung. Sie war zwölf Jahre in Kalkutta und lehrte uns den Wert von Erfahrungen und menschlichem Einfühlungsvermögen für unsere Arbeit." Dem Prinzip "möglichst wenig Technik, dafür viel Wissen und Menschlichkeit" - wie es vom Bund Deutscher Hebammen formuliert wird - fühlt sich Ute Krause verpflichtet. Schwangerschaft und Geburt sind nach dem Selbstverständnis der Hebammen keine ausschließlich medizinischen Vorgänge, sie sind nicht behandlungsbedürftig. Hebammen sind den Ärzten gleichgestellt, wenn es um die Betreuung von gesunden Schwangeren und Babys geht. Drei Jahre dauert in der Regel die Hebammen-Ausbildung. Aus der ganzen Region kommt die "Kundschaft" von Ute Krause. "Zu mir kommen Frauen, die Geburt als etwas ganz Normales und Natürliches erleben wollen. Ich unterstütze sie dabei." Viel zu oft, beklagt sie, werde in natürliche Kreisläufe eingegriffen, sei es durch Hormongaben oder die zunehmende Anzahl an Kaiserschnitten, die von immer mehr Frauen nach prominenten Vorbildern (Claudia Schiffer, Verona Feldbusch) sogar gewünscht werden. "Dadurch wird Geburt in die Nähe der Pathologie gerückt", warnt die Thalfanger Hebamme. Gezielte Vorbereitung in kleinem Kreis

Freie Hebammen, die nicht in einem Krankenhaus festangestellt sind, betreuen die Schwangere auf Wunsch von Anfang der Schwangerschaft bis nach der Geburt. Häufig haben sie Verträge mit bestimmten Kliniken als so genannte Beleg-Hebammen. Persönliche Betreuung und ein fast schon freundschaftlicher Kontakt zur Schwangeren zeichnet die Arbeit der freien Hebammen aus. Auch die von Ute Krause: "Die Chemie muss bei einem so intimen Vorgang einfach stimmen." Sie bietet gezielte Geburtsvorbereitung in kleinem Kreis und Akupunktur, klassische Homöopathie, Aromatherapie und Bachblüten an. Gegenüber den Krankenkassen muss sie oft Überzeugungsarbeit leisten. "Tees, Salben und Öle werden häufig nicht bezahlt. Dann muss ich aufklären, wie die teure medizinische Alternative aussieht." Neben Geburtsvorbereitung bietet Ute Krause auch Haus- und Praxisgeburten an. Dazu hat sie sich mit einer in der Nähe praktizierenden Gynäkologin zusammengeschlossen. "Ich frage immer erst, warum jemand eine Hausgeburt möchte. Wenn es sich um eine Erstgebärende handelt oder jemand einfach mal was anderes möchte, lehne ich ab." Anders als in einigen anderen europäischen Ländern haben in Deutschland werdende Eltern das Recht, selbst zu bestimmen, wo ihr Kind zur Welt kommen soll: im Krankenhaus, im Geburtshaus oder zu Hause. Rund 10 000 Frauen entbinden jährlich außerhalb von Kliniken. Ab vier Wochen vor der Geburt hält Ute Krause engen Kontakt mit der Schwangeren. Ab vierzehn Tage vorher ist sie in ständiger Rufbereitschaft. Das eigene Privatleben wird so gut es geht darauf abgestimmt. "Wenn das Handy klingelt, wissen die Kinder, Mutter ist weg." Wie lange, ist meistens nicht vorherzusehen. Mit dem roten "Storchomobil" fährt Ute Krause zum Geburtsort. Es ist gesetzlich festgelegt, dass bei jeder Geburt eine Hebamme dabei sein muss. Heike Pfeiffer aus Hilscheid brachte kürzlich mit Ute Krauses Hilfe Töchterchen Maja zur Welt. Das war die erste Hausgeburt im Ort seit vierzig Jahren. "Es war einfach gut, soviel Ruhe, Wärme, Zärtlichkeit, Mütterlichkeit und Vertrautheit zu spüren", sagt die junge Mutter. Mit gleichem Einsatz widmet sich die Hebamme auch der Wochenbettpflege. Die psychologische Betreuung der Mütter ist ihr wichtig. Gefragt nach dem Verdienst winkt Ute Krause ab. Gemessen am Aufwand sei er nicht üppig, zumal der Beitrag zur Berufshaftpflicht um das Vierfache erhöht worden sei und zahlreiche Abgaben und laufende Kosten bezahlt werden müssen. Andrea Mans-Print, Kreisvorsitzende des Bundes der Hebammen, bestätigt, dass die Verdienstspanne für Hebammen, die Teilzeit arbeiten, gering sei. Wegen des Geburtenrückgangs würden zunehmend feste Verträge von Krankenhäusern gekündigt. Viele freie Hebammen überlegen, ihren Job an den Nagel zu hängen. Trotzdem üben sowohl sie als auch Ute Krause ihren Beruf mit Leidenschaft aus. "Mein Traum wäre die Gründung eines Geburtshauses," sagt die engagierte Hebamme mit einem Strahlen.

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