Nürburgring: Alles auf Anfang

Steuert die Landesregierung am Nürburgring völlig um? Nach Informationen der Rhein-Zeitung übernimmt eine renommierte Betreibergesellschaft die gesamte Anlage.

 Soll gehen: Walter Kafitz. TV-Foto: Archiv

Soll gehen: Walter Kafitz. TV-Foto: Archiv

Mainz. (jot/us/ua/fcg) Die Landesregierung will nach Informationen der Rhein-Zeitung den Nürburgring in neue Hände geben: Wirtschaftsminister Hendrik Hering (SPD) hat demnach einen neuen und wie es heißt namhaften Pächter und Betreiber für den ganzen Komplex gefunden. Dieses Unternehmen werde an die Stelle der nahezu landeseigenen "Nürburgring GmbH" treten, um das angeschlagene Renommierprojekt wieder flott zu machen.

Bisher ist der Betrieb der Angebote - von der Rennstrecke über Gastronomie, Museum und Veranstaltungs-Arena - auf verschiedene Firmen aufgeteilt. Künftig soll nur noch einer das Sagen haben. Damit kann er die Attraktionen besser bündeln. Die "Nürburgring GmbH" wäre folglich aus dem Rennen. Gestern Abend war offiziell noch nicht zu erfahren, ob dies auch für die Formel 1 zutrifft.

Der Rennzirkus ist zwar ein millionenschwerer Verlustbringer, gilt aber auch als unersetzlicher Imageträger. Dem Vernehmen nach wird der bisherige Ring-Hauptgeschäftsführer Walter Kafitz das Steuer abgeben. Damit ist der Weg für den neuen Betreiber frei, die zahlreichen bestehenden Verträge zu prüfen, neu zu verhandeln und an die eigene Strategie anzupassen. Oder abzulehnen.

Kafitz ist seit 1994 Chef am Ring; sein Vertrag wurde erst im Frühjahr verlängert. Der schon früher in die Kritik des Rechnungshofs geratene Manager wird auch dafür verantwortlich gemacht, dass nach der geplatzten Privatfinanzierung des 300 Millionen teuren "Nürburgrings 2009" die Attraktionen nicht pünktlich fertig wurden. Die "schnellste Achterbahn der Welt" fährt bis heute nicht.

Dem Betriebsrat der Nürburgring GmbH wurde gestern Nachmittag für heute eine Betriebsversammlung mit dem neuen Aufsichtsratsvorsitzenden Ernst Schwanhold angekündigt. Im Mittelpunkt soll auch die Neuausrichtung des Unternehmens stehen, wie es heißt.

Es soll dabei verkündet werden, dass Kafitz gehen muss. In Mainz tagt heute der Aufsichtsrat, und Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) will zudem die SPD-Fraktion über die neue Entwicklung informieren.

Kafitz, dessen Jahresgehalt bei 300 000 Euro liegen soll, gilt als der Mann, der die Formel 1 in die Eifel zurückgeholt hat. Die Bike-World, ein Motorradgeschäft samt Fahrtrainingsangeboten, hat die Nürburgring GmbH Millionen gekostet. Die GmbH gehört zu 90 Prozent dem Land Rheinland-Pfalz. Mit zehn Prozent ist der Landkreis Ahrweiler beteiligt.

Seit die private Finanzierung Anfang Juli geplatzt ist, prüft die Staatsanwaltschaft Koblenz, ob Ring GmbH und Landesregierung Betrügern aufgesessen sind. Nicht nur der Rechnungshof untersucht die Vorgänge, sondern auch ein Untersuchungsausschuss des Landtags.

Weitere Zugriffe auf Polizei-Daten



Wie zudem gestern bekannt wurde, haben sich nicht nur die CDU-Landtagsabgeordneten Michael Billen und Peter Dincher polizei-interne Daten über Nürburgring-Geschäftspartner beschafft, sondern nach Medienberichten auch ein Dutzend Polizisten. Fünf davon laut Innenministerium offenbar ohne dienstlichen Anlass.

Ein Sprecher des Innenministeriums sagte am Dienstag, man sei "fachaufsichtlich" tätig geworden, "als der Verdacht aufgekommen war, dass Informationen aus dem Polizeilichen Informationssystem an unberechtigte Dritte gegeben wurden. Ob es sich tatsächlich um unberechtigte Abfragen handelte, wenn ja, aus welchen Motiven, das ist Gegenstand der Prüfungen." Möglicherweise hätten manche "nur aus Neugier" gehandelt.

Der FDP-Abgeordnete Thomas Auler wundert sich, dass die Polis-Abfragen nach und nach ans Licht kämen und zunächst nur zwei CDU-Parlamentarier benannt worden seien. Auler weist auf einen Widerspruch hin, der "dringend aufgeklärt" werden müsse: Innenminister Karl Peter Bruch (SPD) habe am 11. November im Landtag gesagt, die Polis-Recherchen des Landeskriminalamtes (LKA) seien verfassungsrechtlich bedenklich gewesen. Auf seine Frage nach den rechtlichen Grundlagen für die Abfragen habe Bruch am 26. November im Innenausschuss keine Antwort gegeben.

Auf eine TV-Anfrage antwortet das Innenministerium, die LKA-Recherche in Polis im September 2008 sei auf Bitte des Finanzministeriums "im Rahmen einer Gefahrenerforschung" erfolgt. Im März 2009 sei das LKA selbstständig aufgrund eines "Hinweisgebers" tätig geworden.

Derweil will CDU-Chef Christian Baldauf heute die Staatsanwaltschaft über eine E-Mail informieren, die Peter Dincher am 19. November geschrieben hat, offenbar an einen Polizisten. Darin bitte Dincher um "verlässliche Auskünfte" aus Polis über vier Ring-Geschäftspartner. Er werde sich am 8. Dezember mit "C.B." - also Baldauf - privat auf dem Weihnachtsmarkt Speyer treffen.

Baldauf weist jeden Verdacht zurück, er sei in Dinchers Aktivitäten eingeweiht gewesen. Der Termin sei am 20. November von seiner Sekretärin abgesagt worden.

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