Nürburgring-Kredit: Land sichert sich mit Gutachten ab

Mainz · Auf 21 Seite erklärt der vom Land Rheinland-Pfalz mit einem Gutachten beauftragte Brüsseler Anwalt Michael Schütte seine Auffassung über die rechtmäßigkeit der Bürgschaft des Landes in Sachen Nürburgring. Sein Fazit: Es ist rechtens, wenn das Land 254 Millionen Euro aktiviert, um einen Teil des Darlehens abzulösen.

Mainz. Nun ist es ein Streit unter Gutachtern. Das Finanzministerium hat, wie angekündigt, eine eigene Expertise zu der Frage vorgelegt, die die Landespolitik seit einigen Tagen am stärksten bewegt: Sind der 330-Millionen-Kredit bei der landeseigenen Investitions- und Strukturbank (ISB) samt einer entsprechenden Bürgschaft des Landes mit EU-Beihilferecht vereinbar?
Und: Ist es rechtens, wenn die Landesregierung eine Rücklage von 254 Millionen Euro aktiviert, um einen Teil dieses Darlehens ablösen zu können?
Letztere Frage beantwortet der Brüsseler Anwalt Michael Schütte, der seine Rechtsaufassung auf 21 Seiten ausführt, eindeutig mit Ja. Schütte hat sich auf Beihilferecht spezialisiert. Sein Gutachten liegt unserer Zeitung vor.
EU-Rechtler haben Zweifel


Hintergrund des Konflikts: Nach ihrer Insolvenz kann die Nürburgring GmbH den Kredit bei der Förderbank nicht mehr bedienen. Also muss das Land einspringen, da es im vollen Umfang bürgt und bei ISB sonst hohe Zinsausfälle auflaufen.
Nur bezweifeln eine Reihe von EU-Rechtlern, dass dies so einfach möglich ist. Denn die Brüsseler Kommission sieht in ihrem Eröffnungsbeschluss, in dem sie rund 486 Millionen Euro an illegalen Beihilfen am Nürburgring vermutet, sowohl den 330-Millionen-Kredit als auch die entsprechende Bürgschaft kritisch.
Nach Überzeugung des Düsseldorfer Juristen Clemens Antweiler zieht dies ein Durchführungsverbot nach sich, bis der Fall mit der Kommission geklärt ist.
"Alle Eventualitäten geprüft"


Seine These: Derzeit geht nichts ohne grünes Licht aus Brüssel, auch nicht die Aktivierung der Haushaltsrücklage. Zumal die zusätzliche Frage im Raum steht, ob sich das Land ausreichend abgesichert hat (etwa gegenüber dem Kredit- und Beihilferisiko), als es die umfangreiche Garantie aussprach.
Das Finanzministerium, in dem die Bürgschaft wohl einst ausführlich diskutiert wurde, gibt an, auf sicherem Boden zu stehen.
Ressortminister Carsten Kühl (SPD) erklärte jüngst im Haupt- und Finanzausschuss zur Freigabe der 254-Millionen-Rücklage: "Wir haben alle Eventualitäten geprüft."
Die Expertise von Michael Schütte sagt nichts darüber aus, ob der ISB-Kredit in Gänze oder teilweise gegen das Beihilferecht verstößt. Vorteilsnehmer ist hier die insolvente Nürburgring GmbH, die das Darlehen ja in Anspruch nahm. An dieser Stelle referiert der Jurist lediglich die Position des Landes.
Nicht abschließend geklärt


Eindeutig ist Schütte in der Frage, ob das Land nun den Kredit ablösen darf, in dem es unter anderem ein millionenschwere Haushaltsrücklage aktiviert. Die Förderbank sieht er im vorliegenden Fall als "verlängerter Arm des Staates", die daher nicht wie ein Unternehmen tätig ist und auch keinen wirtschaftlichen Vorteil hat. Den hat allenfalls der Kreditnehmer, also die mittlerweile insolvente Nürburgring GmbH.
Die ISB handelte nach Ansicht Schüttes auf einen Kreditauftrag des Landes hin und hatte somit "keinen Spielraum". Daher darf der Staat, so der Jurist, seine Förderbank jetzt auch helfen.
Schütte geht zudem davon aus, dass die weitreichende Kreditgarantie des Landes gegenüber der ISB selbst dann nicht hinfällig ist, wenn hier ein beihilfrechtliches Durchführungsverbot greift. Doch auch der Gutachter des Landes räumt ein, dass diese Frage nicht abschließend geklärt ist. DB

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