Null Bewegung auf beiden Seiten: Das Gespräch zwischen dem Zentralrat der Muslime und der AfD scheitert

Berlin · Es herrscht Eiszeit in dem wohltemperierten Raum im Berliner Nobelhotel Regent am Gendarmenmarkt. Der Versuch einer Annäherung zwischen dem Zentralrat der Muslime und der AfD endet in einem Debakel.

AfD-Vize Albrecht Glaser hat noch nicht einmal mehr Zeit, einen Kaffee auszutrinken. Wegen Problemen mit der Bahn kommt er zu spät, und als Glaser im Sitzungssaal Platz nimmt, ist das Gespräch zwischen seinen beiden Parteifreunden und den drei Vertretern des Zentralrats der Muslime schon beinahe zu Ende. Teilnehmer haben vermerkt: Nach knapp einer halben Stunde, um 11.42 Uhr, steht das Treffen erstmals auf der Kippe. Um 12.03 Uhr dann erneut - und um 12.13 Uhr erfolgt der Abbruch durch die AfD-Spitze nach vorheriger Beratung. Aus und vorbei.
Beide Seiten kommen sich nicht näher, weil keiner bereit ist, vorherige Positionierungen zurückzunehmen oder zumindest zu glätten. Die AfD-Spitze beharrt auf ihrer vehementen Islamablehnung und auf ihrem Parteiprogramm - Nein zu Moscheen, Minaretten und Kopftuch, um es zusammenzufassen. Und der Zentralrat der Muslime wiederholt seinen Vorwurf, die Partei stehe nicht auf dem Boden des Grundgesetzes, sondern erinnere "an die dunkelsten Zeiten" in Deutschland. Worüber soll man dann noch diskutieren?

Dass es nicht freundlich zugehen würde, ist allerdings schon vor Beginn des Treffens zu erkennen. Viele Journalisten sind gekommen, um den Gipfel zwischen Muslimen und Rechten zu beobachten. Doch rabiat wird Medienvertretern und Kameraleuten zu Beginn der Einblick in den Sitzungssaal verwehrt. Gemeinsame, gefällige Bilder der Kontrahenten soll es möglichst nicht geben, dem Vernehmen nach will AfD-Chefin Frauke Pe try das nicht. Einigen Fotografen gelingt dann doch noch ein Schnappschuss des Händedrucks zwischen ihr und dem Vorsitzenden des Zen tralrats, Aiman Mazyek. Er hat die AfD zu diesem in der Partei umstrittenen Gespräch eingeladen. Der Eindruck drängt sich auf, dass das Scheitern einkalkuliert ist.
Es wird auf- und abgerechnet

Denn nach dem Abbruch wird vor Dutzenden Kameras wechselseitig auf- und abgerechnet. Als ob beide Lager nur auf diese Gelegenheit gewartet hätten. Selbstverständlich getrennt voneinander. Die AfD-Spitze hält in der Hotellobby Hof, der Zentraltrat im ersten Stock. Man gibt sich "schockiert", "enttäuscht", "berührt". "Wir mussten uns vorwerfen lassen, eine Partei aus dem Dritten Reich zu sein", beklagt Petry. Vorstandsmitglied Armin Hampel greift leise korrigierend ein: "In der Nähe zum Dritten Reich ..." - was ein Unterschied ist. Man habe mehrfach "höflich" darum gebeten, solche Vergleiche zurückzunehmen - ohne eine Entschuldigung zu verlangen, so Petry weiter. "Weil uns schon klar ist, dass es emotionale Hürden in einem solchen Gespräch gibt."
Zu denen gehört aus Sicht des Zen tralrats insbesondere Petrys Bewertung des Islams: "Der Islam selbst und seine Glaubensvertreter müssen merken, dass ihr Glaube im siebten Jahrhundert steckengeblieben ist", sagt sie. Grundlage seien Scharia und der Koran. Davon könne auch der Zentralrat nicht abrücken.Extra

Aus Sicht der Alternative für Deutschland (AfD) gehört der Islam nicht zu Deutschland. Kritische Äußerungen von AfD-Spitzenpolitikern: "Wir sollten eine Einwanderung von Menschen, die unserer kulturellen Tradition völlig fremd sind, nicht weiter fördern, ja wir sollten sie verhindern. (...) Es gibt kulturelle Traditionen, die es sehr schwer haben, sich hier zu integrieren. Von dieser kulturellen Tradition möchte ich keine weitere Zuwanderung." Der stellvertretende AfD-Vorsitzende Alexander Gauland am 28. Januar 2015 im Tagesspiegel. "Der Islam ist an sich eine politische Ideologie, die mit dem Grundgesetz nicht vereinbar ist." Partei-Vize Beatrix von Storch am 17. April 2016 in der FAZ. dpa

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