Offene Rechnung für teuren Freund

BERLIN/MAINZ. Die umstrittenen scharfen Sicherheitsvorkehrungen beim Besuch von US-Präsident George W. Bush in Mainz waren nach Auffassung der Bundesregierung "angemessen". Angaben über die Kosten macht das Bundesinnenministerium allerdings nicht.

Es herrschte Ausnahmezustand beim Besuch des mächtigsten Mannes der Erde am 23. Februar im Rhein-Main-Gebiet: Mehr als 10 000 Polizisten waren im Einsatz, die Mainzer Innenstadt hermetisch abgeriegelt, Autobahnen gesperrt und der Frankfurter Flughafen für eine Stunde lahm gelegt, weil der Präsidentenkonvoi kurzfristig über alle Landebahnen brauste. 150 Flüge fielen aus und hinterließen Löcher in Millionenhöhe. Am Ende brach am Flughafen Chaos aus, in der Region waren die Pendler sauer und in der Mainzer City die Betriebe und Händler. Die Sicherheitsvorkehrungen seien "erforderlich und angemessen" gewesen, heißt es nun in einer Antwort der Bundesregierung auf Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion. Angesichts der Bedrohung durch islamistische Fundamentalisten und nahöstliche Terrororganisationen gilt der US-Präsident als "erheblich gefährdet". Dass die umfangreichen Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz des Staatsgastes und der öffentlichen Sicherheit auch die Bewegungs- und Versammlungsfreiheit von Bürgern einschränkten, ist nach Einschätzung des Bundesinnenministeriums durch das Grundgesetz gedeckt. Und im Übrigen: Die Autobahn sei insgesamt nur rund 60 Minuten gesperrt gewesen, der Flughafen war nach offizieller Lesart nicht "geschlossen", sondern die Pisten standen vorübergehend "nicht zur Verfügung". Nach Ministeriumsangaben kam es weder zu Abstimmungsproblemen zwischen deutschen und amerikanischen Sicherheitskräften, noch zu unzulässigen Anweisungen des US-Geheimdienstes Secret Service. Am teilweise ruppigen Verhalten einzelner Bush-Personenschützer hatte sich sogar der Mainzer Ministerpräsident Kurt Beck gestört. Fernsehteams fühlten sich bei ihrer Arbeit gehindert. Wer letztlich entschied, dass der Präsidentenkonvoi nach der Landung in Frankfurt quer über den Flugplatz fahren durfte, bleibt unklar. Bundesgrenzschutz oder Bundeskriminalamt waren daran nicht beteiligt, heißt es dazu lapidar aus Berlin. Auch über die Kosten für den gewaltigen Sicherheitsaufwand oder mögliche Einbußen durch die Folgen für Privatunternehmen hat das Innenministerium "keine Erkenntnisse". Die Mainzer Landesregierung bezifferte die Sachkosten vor Wochen bereits mit rund 510 000 Euro. Nicht beziffert ist jedoch, wie viel das Land anderen Bundesländern für den Einsatz ihrer Polizisten überweisen muss. In einem Brief an Beck hat sich Bush inzwischen persönlich bei Beck bedankt für die gute Organisation und Atmosphäre in Mainz. Die Stadt hat nach Angaben eines Sprechers noch nicht alle Rechnungen zusammen. Allerdings ist absehbar, dass ihre Sachkosten deutlich unter denen des Landes liegen. Als Trostpflaster für den Einzelhandel in der City gab es inzwischen einen verkaufsoffenen Sonntag - getarnt als deutsch-amerikanisches Freundschaftsfest.

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