"Oft Showgeschäft für einen Tag"

MAINZ. Was "dicke Bretter bohren" heißt, weiß Dieter Schmitt zu genau. Seit 1993 kämpft der Abgeordnete und CDU-Fraktionsvize für die Zukunft des ländlichen Raums. Doch selbst in seiner letzten Landtagssitzung wurde sein letzter Parlamentsantrag dazu im Plenum abgeschmettert. Politik ist zu oft Showgeschäft statt Zukunftssicherung – so Schmitts nicht gerade enthusiastisches Resümee nach 21 Jahren im Landtag.

Nein, er will alles andere als ein Schwarzmaler sein. Dieter Schmitt spricht als Abgeordneter und Bürgermeister der Saargau-Gemeinde Fisch über seine politische Passion, die Zukunft des ländlichen Raums. Doch sein Optimismus klingt irgendwie anders als die flammenden Appelle, endlich den Strukturwandel auf dem flachen Land ernst zu nehmen und gegenzusteuern, bevor diese Regionen endgültig wichtige Infrastrukturen und letztlich ihre Menschen verlören. Politik müsse vorausdenken, mahnt der gelernte Landwirt. Doch stattdessen geben sich aus seiner Sicht viele damit zufrieden, dass Politik "oft nur noch ein Showgeschäft für einen Tag" ist. Es ist ein mühsamer Kampf für den ländlichen Raum, dem sich Schmitt verschrieben hat, seit er 1993 Thesen zur Zukunftssicherung formulierte und für die Bewahrung gleichwertiger Lebens- und Arbeitschancen auch abseits der Ballungsräume eintrat. Dafür fand er durchaus über Parteigrenzen hinweg Anerkennung. Doch letztlich ist Politik reines Mehrheitsspiel, wie ihn seine Erfahrung unmissverständlich lehrte. Dabei zählen nicht mehr die Argumente. Doch das harte und zuweilen frustrierende Dasein auf der Oppositionsbank, bei dem Initiativen und Anträge regelmäßig als Sandkastenspiel enden, gab es auch schon zu CDU-Regierungszeiten, wie der leidenschaftliche Debattierer einräumt - aber eben für die andere Seite. Der Kommunalpolitiker kam 1985 eher durch Zufall als Nachrücker in den Landtag, nachdem der damalige Abgeordnete Franz Peter Basten zum Staatssekretär aufgestiegen war. Umgehend gab es ein besonderes Erlebnis für den Neuling, als die erste Abstimmung über eine Diätenerhöhung anstand. Mit dem Zuschlag war er nicht einverstanden, doch an Diskussion darüber gab es in der Fraktion keinen Bedarf, wie ihm bedeutet wurde. So wanderte der gesinnungstreue Streiter während des Votums kurz entschlossen auf die Besuchertribüne aus, um weder zustimmen zu müssen, noch gleich mit einem "Nein" den geballten Ärger der eigenen Mannschaft auf sich zu ziehen. Bis 1991 konnte Schmitt als Mitglied einer "selbstbewussten Regierungsfraktion, die nichts nur einfach abnickte", Politik mitgestalten und Ideen einbringen. Dann folgten allerdings 15 "bittere Jahre" auf der Oppositionsbank. Dort stieg er als anerkannter Unabhängiger zwar bis zum stellvertretenden Fraktionschef auf. Doch zu bewegen war im Landtagsgeschäft nicht viel. Politische Rituale und festgefahrene Abläufe summieren sich bei ihm zu einer "Zeitvergeudung wie sonst nirgends auf der Welt". Für den 61-Jährigen stand schon länger fest, was seine Parteifreunde im vergangenen Jahr als Ankündigung völlig überraschte: Nach 21 Jahren im Landtag soll nun Schluss sein. Als Nachwuchspolitiker bei der Jungen Union war Schmitt bei den Altvorderen einst mit seiner Feststellung angeeckt, dass es keine Politiker-Jobs auf Ewigkeit gebe. "Das gilt natürlich nicht nur für die anderen, sondern auch für einen selbst", fügt er heute hinzu. Man müsse aufhören, wenn es der ein oder andere noch bedauere, lautet seine Devise. Auch er weiß, dass die Droge Politik abhängig machen kann und einen aufzufressen droht. Doch ein Leerlauf ist auch im Fall Schmitt nach dem Rückzug nicht zu erwarten. Ehrenämter und der Posten des Ersten Beigeordneten im Kreis Trier-Saarburg sorgen weiter für Spielfelder.

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