"Ohne Lotto-Pfründe kein Problem"

MAINZ. Wieder kracht es bei den Sportbünden im Land. Erneut ist es die Verquickung von Sport und Lotto, die für Streit und nicht zuletzt auch den Rückzug von Landessportbund (LSB)-Präsident Rüdiger Sterzenbach sorgt. Nun wollen die Funktionäre "Bewegung" zeigen.

Es ist wie im Fußball: Man kennt sich gut, doch der Sportsgeist geht schnell verloren im Kampf um Vorherrschaft und Prämien. Auch an der Spitze der vier Sportbünde wird mit harten Bandagen gekämpft. Raus aus dem Spiel ist nun LSB-Chef Rüdiger Sterzenbach. Seine Vorstellungen von Anstand und Moral seien ihm wichtiger als das schönste Ehrenamt, ließ der Unternehmer wissen. Ihm sind die engen personellen Verflechtungen zwischen der Lotto-Gesellschaft und den Präsidenten der regionalen Sportbünde seit langem ein Dorn im Auge. Doch der wiederholte Wirbel um auffälliges Lotto-Sponsoring in den heimatlichen Gefilden von Hermann Höfer, Präsident des Sportbundes Rheinland, ließ Sterzenbach endgültig zum Rückzug blasen - aus Frust über einen vergeblichen Kampf um Offenheit und Transparenz. Am Donnerstag diskutierten bereits die Präsidien der Sportbünde Rheinland, Pfalz und Rheinhessen gemeinsam, wie es in der Zeit nach Sterzenbach weiter gehen soll. Denkbar ist, dass die drei Sportbünde-Chefs im Wechsel auf dem LSB-Präsidentensessel sitzen und so auch weiterhin die umstrittenen und aus Sicht des Innenministeriums zu teuren regionalen Strukturen zementieren. Aus dem Rheinland kommt dem Vernehmen nach der Vorschlag, den LSB-Präsidenten aus dem Präsidium heraus zu wählen, statt wie bisher durch die 300-köpfige Mitgliederversammlung. Allerdings ist unwahrscheinlich, dass sich die Versammlung dieses Recht nehmen lässt. Die Sportbünde haben eingesehen, dass sie sich bewegen müssen, sagt Herbert Hofmann, Präsident des Sportbundes Rheinhessen und verweist auch auf den Druck der Politik. Damit wieder Ruhe einkehre und der Sport keinen Schaden nehme, könne seine Truppe "sehr beweglich" sein, so Hofmann. Doch er wird ebenso wenig konkret wie Dieter Noppenberger, Präsident des Sportbundes Pfalz. Für ihn gilt es erst einmal, Sterzenbachs "hahnebüchene Vorwürfe" aus der Welt zu schaffen. Fast gleichzeitig zum Treffen der Sportbünde sprach Lotto-Verwaltungsratschef Theo Zwanziger bei Finanzminister Gernot Mittler vor.DFB-Schatzmeister fürchtet um sein Ansehen

Thema der Verhandlungen: In die Aufsicht bei Lotto sollen der Landessportbund und gemeinnützige Verbände, die von den Wettspielen profitieren, eingebunden werden. Ziel der Operation: Lotto will über 2006 hinaus im Auftrag des Landes die einträglichen Glücksspiele betreiben und braucht unbedingt breiten Rückhalt und Ruhe. Zwanziger, der als Schatzmeister und Co-Organisator für die Fußball-WM 2006 in Diensten des DFB steht, hatte sein Verbleiben an der Spitze des Verwaltungsrates von Reformen abhängig gemacht - nun erklärte er gegenüber dem Trierischen Volksfreund seinen Rücktritt. Er fürchtet angesichts der Negativ-Schlagzeilen um sein Ansehen beim DFB. Die Kontrolle der von den drei regionalen Sportbünden getragenen Lottogesellschaft soll erweitert und der Landessportbund möglicherweise als vierter Gesellschafter aufgenommen werden. "Werden bei Lotto die Pfründe abgeschafft, sind viele Probleme gelöst", sagt ein langjähriger Kenner der Szene und spielt auf Posten und Sponsoring an. Druck auf Veränderungen macht nicht zuletzt der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Joachim Mertes. Das Land könne auch andere Partner für Lotto finden als "klebrigen Leute", die dauernd für Schlagzeilen sorgen, droht er. Mertes fordert eine Öffnung der Lotto-Gesellschaft und nicht zuletzt eine Strukturreform beim Sport insgesamt. Weil das Land jährlich zehn Millionen Euro zuschießt, erwartet er auch Effizienz und Kostenbewusstsein. KOMMENTAR SEITE 2

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