Parallel-System Flüchtlingspolitik

Trier/Mainz · Die rheinland-pfälzische CDU wirft der Landesregierung vor, keine klare Zuständigkeiten bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise zu haben. Tatsächlich arbeiten Integrations- und Innenministerium parallel. Integrationsministerin Irene Alt (Grüne), wehrt sich aber gegen den Vorwurf, überfordert zu sein.

Trier/Mainz. Schaut man sich die Internetseite des rheinland-pfälzischen Integrationsministeriums an, findet man auf den ersten Blick nichts, das darauf hindeutet, dass dieses für die Aufnahme von Flüchtlingen im Land zuständig ist.
Man findet Informationen des Landesbeauftragten für Migration, über Integration und die anderen Themen, für die das von der Grünen Irene Alt geleitete Ministerium zuständig ist: Familie, Kinder, Jugend und Frauen. Zwar gibt es noch Infos zum Thema Flüchtlinge.
Wer aber etwas über die Aufnahmeeinrichtungen im Land erfahren will, muss auf die Internetseite der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Trier gehen. Die ist zuständig für die Erstaufnahmeeinrichtungen. Dort arbeitet auch der im September von Ministerpräsidentin Malu Dreyer eingerichtete Führungsstab Fluchtaufnahme.
Der Stab besteht größtenteils aus Mitarbeitern, die für den landesweiten Katastrophenschutz zuständig sind. Sie arbeiten mittlerweile fast rund um die Uhr. Eine der Hauptaufgaben derzeit: Die aus Bayern am Mannheimer Hauptbahnhof ankommenden Flüchtlinge möglichst schnell auf Aufnahmeeinrichtungen im Land zu verteilen.
Diese Mitarbeiter sind aber dem für Katastrophenschutz zuständigen Innenministerium unterstellt. Das wiederum war bis zum Antritt der rot-grünen Landesregierung im Jahr 2011 verantwortlich für die Aufnahme von Flüchtlingen. Nun hat sich das Innenministerium aber auch in die Suche nach Unterbringungsmöglichkeiten für Flüchtlinge eingeschaltet. Innenminister Roger Lewentz (SPD) hat die für kommunale Entwicklung zuständige Entwicklungsagentur damit beauftragt, Hallen zu finden, in denen Flüchtlinge kurzfristig untergebracht werden können.
In vielen Bundesländern wie etwa dem Saarland ist das jeweilige Innenministerium zuständig für die Unterbringung von Flüchtlingen. Das führt derzeit in Rheinland-Pfalz zu der kuriosen Situation, dass sich häufig der hierzulande gar nicht dafür zuständige Innenminister zu Flüchtlingsfragen äußert. Lewentz ist nämlich derzeit Vorsitzender der Konferenz der Länderinnenminister. Wenn diese sich mit dem Thema Flüchtlinge beschäftigen, verkündet er die Ergebnisse der Ministertreffen und ist damit auch bundesweit neben dem Bundesinnenminister Ansprechpartner für das Thema.
Die CDU wirft dem Land daher "unkoordiniertes Handeln" vor. CDU-Landeschefin Julia Klöckner kritisierte kürzlich im Landtag, es fehle an einer klaren Zuständigkeit. Und: "Die Integrationsministerin ist inzwischen nahezu verstummt."
Das Ministerium sei "gesellschaftspolitisch ausgerichtet" und mit der momentanen Situation überfordert.
Die Ministerin wiederum kontert, sie stehe "im engen Dialog mit dem Führungsstab Flüchtlingsaufnahme der Landesregierung, mit politischen Vertretern auf Landesebene und in den Kommunen sowie mit den verschiedenen Verbänden und Trägern, die in die Flüchtlingsbetreuung in den Erstaufnahmeeinrichtungen eingebunden sind".
Alt sagte unserer Zeitung: "Wir haben seit August fast 5000 zusätzliche Plätze in der Erstaufnahme an mehr als zehn verschiedenen Orten im Land geschaffen." Diese Tatsache zeuge nicht von einer Überforderung, sondern, im Gegenteil: von einem sehr guten und effizienten Flüchtlingsmanagement in Zeiten sehr hoher Zugangszahlen. Diese sind eine Herausforderung, der wir gewachsen sind."
Der Sprecher des Arbeitskreises Asyl Rheinland-Pfalz, der Ausländerpfarrer Siegfried Pick, macht in der gesamten Politik sowohl im Land als auch im Bund eine Überforderung aus. Ganz Deutschland sei derzeit in einem Ausnahmemodus. Da stelle Rheinland-Pfalz mit dem Parallel-System zwischen Integrations- und Innenministerium keine Ausnahme dar. Es sei politisch gewollt gewesen, dass die Flüchtlingsaufnahme in die Zuständigkeit des Integrationsministeriums übergehe. In der jetzigen Situation zeige sich aber, dass es ohne das Innenministerium nicht gehe. So habe etwa das Ministerium Zugriff auf die Katastrophenhelfer, die etwa bei der Betreuung von Flüchtlingen und dem Herrichten der Unterkünfte helfen, und auf die Polizei.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort