Falsche Anrufe Fiese Masche: So haben es Gauner auf Pflegebedürftige abgesehen

Trier · Erst jagen sie hilfsbedürftigen Menschen Angst ein, dann drehen sie ihnen völlig überteuerte Ware an. Pflegebedürftige berichten über unangenehme Telefonanrufe.

 Vorsicht Falle: unaufgeforderte Anrufe mit der Vorwahl 0800, Ton und die Vorgehensweise sind aggressiv.

Vorsicht Falle: unaufgeforderte Anrufe mit der Vorwahl 0800, Ton und die Vorgehensweise sind aggressiv.

Foto: dpa-tmn/Christin Klose

Die rheinland-pfälzischen Pflegestützpunkte warnen vor einer besonders gemeinen Masche, mit der Unbekannte hilfsbedürftigen Menschen Geld abknöpfen wollen. Und sie raten zur Vorsicht. Wenn jemand anruft, um Desinfektionsmittel, Verbandsmaterial, Unterlagen oder sonstige Pflegehilfsmittel zu verkaufen, dann sollten alle Alarmglöckchen läuten.

Was ist das Problem?

Überall in Rheinland-Pfalz haben sich ältere, pflegebedürftige Menschen ratsuchend an die Pflegestützpunkte gewandt, weil sie merkwürdige Telefonanrufe bekommen hatten und verunsichert waren. Die Anrufer geben sich als Händler für Pflegehilfsmittel aus und versuchen diese zu verkaufen. „Und zwar zu Wucherpreisen“, sagt Thorsten Speder von der Geschäftsstelle der Landesarbeitsgemeinschaft Pflegestützpunkte in Trier. Zudem probieren die Anrufer, gezielt persönliche Daten von älteren Menschen abzufragen.

Wie gehen die Anrufer vor?

Beunruhigenderweise scheinen die Anrufer genau zu wissen, dass sie es mit Pflegebedürftigen zu tun haben. Durch geschicktes Fragen finden sie heraus, welche Hilfsmittel ihr Gegenüber am dringendsten benötigt, um dann – so formuliert es Thorsten Speder – „eine Drohkulisse“ aufzubauen.

Sie gaukeln ihren älteren Gesprächspartnern vor, die dringend benötigten Produkte wären überaus knapp und nur jetzt, am Telefon, habe man die Chance, sie noch zu bestellen – wenn man denn schnell ist. Zu diesem Zweck wollen die Anrufer dann die Kontodaten der Senioren bekommen.

Woher haben die Anrufer die Telefonnummern?

Das ist unbekannt. Speder betont jedoch, dass das mögliche „Datenleck“ nicht bei den Pflegestützpunkten liege. Haben sich doch wegen der Anrufe auch Menschen dort gemeldet, die gar nicht in der Datenbank der Pflegestützpunkte geführt waren.

Was raten Verbraucherschützer bei derartigen Anrufen?

Unerlaubte Werbeanrufe sind laut Jennifer Kaiser von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz ein Dauerbrenner-Thema. Mal wollen die Anrufer Nahrungsergänzungsmittel verkaufen, mal Zeitschriften-Abos. „Man sollte auf keinen Fall Daten preisgeben – weder Adresse, noch das Alter und schon gar nicht die Bankverbindung – und das Gespräch so schnell wie möglich beenden“, sagt Kaiser. Vielen Älteren falle es schwer, einfach aufzulegen, weil ihnen dies unhöflich erscheine. Trotzdem rät sie dringend: Einfach aufhängen! Denn die Anrufer fragen so geschickt, dass es ihnen sonst womöglich doch gelingt, gewünschte Informationen zu bekommen.

Was tun, wenn man sich auf ein Verkaufsgespräch eingelassen oder die Ware sogar bestellt hat?

Wer bereits einen mündlichen Vertrag abgeschlossen hat, kann diesen in der gesetzlichen Frist von 14 Tagen widerrufen. Allen, die sich auf solche Verkaufsgespräche eingelassen haben, rät die Verbraucherzentrale, in den kommenden Tagen und Wochen sehr aufmerksam Werbebriefe durchzulesen. Könne es doch sein, dass sich darunter ein „Willkommensschreiben“ findet. Meist seien die Widerrufsbelehrungen blass und gut versteckt auf der Rückseite abgedruckt. An die genannte Adresse solle man dann einen Widerruf schicken. „Am besten per Einschreiben“, rät Kaiser.

Thorsten Speder berichtet von zwei Fällen, in denen Betroffene unaufgefordert Ware zugeschickt bekommen hatten, obwohl sie ihre Kontonummern nicht durchgeben wollten. In solch einem Fall rät er dazu, die Päckchen zurückzusenden.

Wie erkennt man einen unseriösen Pflege-Anbieter?

Die Anrufe erfolgen unaufgefordert mit der Vorwahl 0800. Der Ton und die Vorgehensweise sind aggressiv.

Ganz anders gehen laut Speder die Pflegestützpunkte vor: „Deren Berater würden nie unaufgefordert bei älteren Menschen anrufen oder gar vor Ort vorbeischauen“, betont er. Auch die Pflegekassen haben immer einen Grund, zum Beispiel einen Antrag auf Leistungen, um Versicherte anzusprechen. „Wer sich bezüglich eines Angebots für Pflegehilfsmittel unsicher ist, sollte sich den Kontakt geben lassen und sich vorab beim Pflegestützpunkt vor Ort oder seiner Pflegekasse informieren“, rät Speder.

Wer hilft in solchen Fällen?

Wer Rat sucht, findet diesen auch bei der Verbraucherzentrale (www.verbraucherzentrale-rlp.de). Unter der Telefonnummer 061312848120 bietet diese eine kostenlose Erstberatung in Sachen Verbraucherrecht an. Beschwerden kann man laut Kaiser bei der Bundesnetzagentur einreichen. Dazu solle man sich die Telefonnummer und Firmennamen notieren. Die Bundesnetzagentur könne Bußgelder aussprechen. Schließlich ist solche Telefonwerbung verboten. Und zur Aufklärung einer möglichen Straftat solle man sich an die örtlichen Dienststellen der Polizei wenden.

Was machen Pflegestützpunkte?

Die 135 Pflegestützpunkte in Rheinland-Pfalz sind da, um Pflegebedürftige und deren Angehörige kostenlos und wettbewerbsneutral  zu beraten. Zum Beispiel, wenn es darum geht, Pflegeleistungen zu beantragen, ein Heim zu finden oder ein Haus altersgerecht umzubauen. Finanziert werden die Pflegestützpunkte von den gesetzlichen Kassen, den kreisfreien Städten und Landkreisen sowie dem Land.

Weitere Infos unter: www.pflegestuetzpunkte-rlp.de

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