Energie Tipps zur Photovoltaik - Für wen es sich lohnt und worauf man achten muss

Trier · So viele Menschen wie noch nie hätten gerne eine Photovoltaik-Anlage. Zwei Experten erklären, wie man zum Ziel kommt und worauf man achten muss.

Photovoltaik: Für wen lohnt sich die Solaranlage & worauf muss man achten?
Foto: dpa-tmn/Nestor Bachmann

Autark sein. Sich selbst mit Wärme und Strom versorgen können – auch dann noch, wenn Krisen und Kriege die Welt erschüttern. Das wünschen sich Menschen sehr, seit die Zeiten so unsicher geworden sind. Wir haben mit zwei Experten darüber gesprochen, wie gut Photovoltaik-Anlagen dabei helfen können, das Ziel zu erreichen, für wen sie sich eignen und worauf man achten sollte. Hans Weinreuter ist Fachbereichsleiter für die Themen Energie und Bauen bei der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Bernd Elsen ist Vize-Präsident der Handwerkskammer und Chef der Elektro Elsen GmbH in Speicher, die vor allem private Photovoltaik-Projekte umsetzt.

Für wen lohnt sich Photovoltaik?

Weinreuter: Für alle die ein Dach haben mit freien möglichst unverschatteten Flächen zwischen West und Ost sowie einer Neigung zwischen 20 und 40 Grad. Auch Flachdächer gehen, wenn man die Module aufständert.

Gibt es eine Mindestanlagengröße, die man nicht unterschreiten sollte?

Weinreuter: Eigentlich nicht, aber bei Nennleistungen unter drei kW werden die leistungsunabhängigen Kosten wie Gerüst, Installation, Zähler(kasten) im Verhältnis teuer. Damit sinkt die Wirtschaftlichkeit.

Elsen: Je kleiner die Anlage, desto höher der Preis je kW.

Wie finde ich heraus, ob mein Haus für eine Photovoltaikanlage geeignet ist?

Weinreuter: Im ersten Schritt kann man online das Solardachkataster des Landes nutzen unter https://solarkataster.rlp.de . Dort erhält man eine erste Abschätzung auf Basis von Satellitendaten sämtlicher Dächer in RLP.

Die zweite Möglichkeit ist unsere Solarstrom-Aktion Auf unserer Webseite findet man neben Broschüren zum Thema einen ausfüllbaren PDF-Datenbogen. Auf Basis dieser Daten können wir eine erste rechnerische Einschätzung vornehmen. Die Ratsuchenden erhalten das Ergebnis per Mail und können anschließend in einer Telefonberatung weitere Fragen klären. Auch ein persönliches Energieberatungsgespräch in unserer Beratungsstelle in Trier, Fleischstraße 77 – kostenlos und nach Terminvereinbarung unter 0651/48802 – macht Sinn, um die Grundsatzfragen zu klären.

Ist jeder Dachtyp, jeder Dachbelag problemlos als Untergrund nutzbar?

Weinreuter: Im Prinzip ja – mit einer Ausnahme: Auf Dächern mit asbesthaltigem Dachbelag dürfen keine PV-Anlagen installiert werden.

Elsen: Der am schnellsten montierte und günstigste Untergrund für PV-Anlagen ist Blech. Der Nachteil: Bei Starkregen hört es sich an wie Trommelfeuer.

Was ist besser: Südausrichtung oder Ost-West?

Elsen: Das hängt ganz davon ab, wann die Bewohner den Strom benötigen. Wenn sie um 16.30 Uhr nach Hause kommen, ist eine West-Ausrichtung hervorragend. Wenn Sie den ganzen Tag im Homeoffice arbeiten, dann wäre Süd oder Ost-West besser. Da ist eine gute Beratung gefragt.

Wenn man Anlagen für den Eigenverbrauch nutzt, bekommt man 8,2 Cent pro Kilowattstunde, die man nicht selbst verbraucht, sondern einspeist. Nehmen wir mal eine Standard 10kWp-Anlage auf einem Einfamilienhaus, das mit 4000 KWh den Durchschnittsverbrauch einer vierköpfigen Familie hat. Könnten Sie mal durchrechnen, was da an Gewinn pro Jahr unterm Strich steht?

Weinreuter: Rechnet man mit Anschaffungskosten in Höhe von 17.000 Euro (netto) und einem Strompreis von 35 Ct/kWh, ergeben sich jährliche Einsparungen in Höhe von rund 1100 Euro und die Anlage hätte sich nach etwa 14 Jahren amortisiert. Bei einer Volleinspeisung käme man auf ein ähnliches Ergebnis.

Kurz: was empfehlen Sie Privatleuten?

Weinreuter: Prüfen (lassen), ob das Dach geeignet ist und Ertrag abschätzen (lassen), Angebote einholen, installieren lassen und über den Ertrag freuen.

Welche Größe reicht, um ein Einfamilienhaus mit vier Personen sicher zu versorgen?

Weinreuter: Eine völlig autonome Stromversorgung ist ökonomisch nicht erstrebenswert weil technisch mit sehr hohem Aufwand verbunden. Nimmt man einen Batteriespeicher mit dazu, kann man seinen Strombedarf zu rund 60 Prozent decken. Der Überschussstrom, der ins Netz eingespeist wird, geht ja nicht verloren, sondern kann von anderen Haushalten genutzt werden. So trägt man zur Energiewende insgesamt bei.

Wie viel kostet eine solche durchschnittliche PV-Anlage?

Weinreuter: Für Anlagen, deren Größe zwischen fünf und zehn kW (Nennleistung) liegt, kann man momentan von einem Gesamtpreis von 1700 Euro pro kW ausgehen.

Wer allen Strom ins Netz einspeist bekommt neuerdings bis zu 13 Cent pro Kilowattstunde. Für wen lohnt es sich besonders, zum Volleinspeiser zu werden?

Elsen: Volleinspeisung ist für diejenigen eine Alternative, die große Flächen haben. Zum Beispiel 120 Quadratmeter mit Südausrichtung. Wenn ich große Freiflächen, Stalldächer oder 10 bis 20 Garagen habe, dann ist das interessant.

Muss eine PV-Anlage eigentlich aufs Dach oder kann ich die auch in den Garten setzen?

Weinreuter: Prinzipiell kann die auch im Garten stehen, aber da wird es häufig schwieriger eine Verschattung zu umgehen.

Was halten Sie von den kleinen Anlagen für den Balkon. Bringen die was?

Weinreuter: Ja die bringen was und sind eine einfache Möglichkeit für die Mieter an der Energiewende teilzunehmen. Mit zwei Modulen mit insgesamt 600 Watt Leistung kann man rund 560 kWh im Jahr erzeugen. Davon kann man rund 360 kWh direkt selbst nutzen. Das entspricht etwa neun Prozent eines Jahresstromverbrauchs von 4.000 kWh. Man sollte sich mit dem Vermieter vorab abstimmen. Außerdem sollte die Elektroinstallation auf dem neuesten Stand sein.

Wann ist es sinnvoll, auch einen Stromspeicher anzuschaffen?

Weinreuter: Das kann man machen, wenn man den Anteil des selbst genutzten PV-Stroms einer Dachanlage deutlich erhöhen will. Kann man ohne Speicher typischerweise 25 bis 30 Prozent des PV-Stroms selbst im Haus nutzen, erhöht sich dieser Anteil auf gut das Doppelte mit Hilfe eines Batteriespeichers. Man muss aber wissen, dass ein Batteriespeicher immer auch den Gesamtstromverbrauch etwas erhöht aufgrund seines Stand-by-Verbrauchs.

Wie groß sollte der Speicher sein?

Weinreuter: Die Speichergröße sollte sich am Jahresstromverbrauch orientieren. Liegt dieser bei 4.000 kWh, sollte die Speicherkapazität nicht deutlich über fünf kWh liegen. Größere Speicher bringen kaum noch mehr Autarkie und sind damit unnötig teuer.

Was wenn der Strom ausfällt? Funktioniert das dann alles noch?

Elsen: Nein. Deshalb wünschen sich viele Kunden zusätzlich auch eine Notstromversorgung. Die Leute wollen Autarkie.

Was halten Sie davon, PV und Warmwassererzeugung zu koppeln? Lohnt sich das?

Weinreuter: Das kann man machen, indem man einen Heizstab in den Warmwasserspeicher einsetzt und diesen mit PV-Überschussstrom betreibt. Dies ist in vielen Fällen wirtschaftlicher als eine Solarthermieanlage und auch bei den hohen Gas- und Heizölpreisen wird das zunehmend interessant.

Blöderweise erzeugen Solaranlagen genau dann am wenigsten Energie, wenn am meisten gebraucht wird, nämlich im Winter und wenn es dunkel ist. Ist dafür eine Lösung in Sicht?

Weinreuter: Den Tag-Nacht-Unterschied kann man ja ganz gut mit einem Batteriespeicher auffangen. Eine saisonale Speicherung, mit der man gespeicherten Sommer-Strom im Winter nutzen kann, sehe ich für Privathaushalte noch nicht.

Wie finde ich einen erfahrenen Handwerksbetrieb?

Weinreuter: Das ist momentan die größte Hürde. Viele Betriebe sind auf Monate hinaus ausgebucht. Hier braucht man Geduld. Die Zeit sollte man nutzen für das Einholen verschiedener Angebote und deren Vergleich.

Elsen: Auf den Internetseiten der Innungen findet man Betriebe. Ich empfehle, mit solchen Betrieben zu arbeiten, die die Anlage selbst montieren können. Sonst habe man es schnell mit drei verschiedenen Montagetrupps zu tun. Das solle man darauf achten, dass es Service aus einer Hand ist.

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