Pillenkrieg: Apotheker kämpfen gegen wachsende Bürokratie

Trier · Seit Jahren versucht die Politik, über Rabattverträge, die jede einzelne Krankenkasse abschließen kann, die Kosten im Gesundheitswesen zu senken. Die Apotheker sehen sich und die Patienten als Leidtragende immer neuer Regelungen, die aus ihrer Sicht mit Verunsicherung und hohem Verwaltungsaufwand einhergehen.

Trier. Das Thema ist nicht neu, aber der Ärger wächst. "Irgendwann ist jede Motivation am Ende", sagt der Zerfer Pharmazeut Theo Hasse, stellvertretender Vorsitzender des Apothekerverbandes Rheinland-Pfalz. Er prophezeit, dass vor allem auf dem Land immer mehr Berufskollegen angesichts wachsender Bürokratie und schrumpfender Realeinkommen resignieren.
Aktuelle Aufhänger des Frusts, der in vielen Apotheken Einzug gehalten hat, sind eine gerade in Kraft getretene Verpackungsverordnung und immer wieder neue Verträge. Entsprechend der rechtlichen Vorgabe handelt jede der knapp 150 gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland für bestimmte Medikamente oder Wirkstoffe mit der Pharmaindustrie Rabatte aus. Konsequenz: Gesetzlich Versicherte erhalten ihre Medizin nur vom Vertragspartner ihrer Kasse.
Dieser aber kann sich laufend ändern. "Das Karussell dreht sich immer schneller", sagt Lothar Grün, der eine Apotheke in Konz betreibt. Fast täglich treffen neue Mitteilungen ein, die über Rechnerprogramme tagesaktuell umgesetzt werden müssen. Das Risiko im Falle eines Fehlers trägt meist der Apotheker - gibt er ein Medikament heraus, das mit einer anderen Kasse verbandelt ist, geht er völlig leer aus und bleibt auf den Kosten sitzen.
Im Gegenzug fehlt die Zeit für die Patienten: "Statt zu beraten, stehen wir die ganze Zeit am Computer", klagt Grün. Dazu kommt der Ärger der Kunden, dass sie sich laufend auf andere Medikamente einstellen müssen - selbst wenn die Wirkstoffe identisch sind. "Das ist eine Katastrophe, gerade für ältere Patienten", berichtet der Trierer Allgemeinarzt Harald Reusch. Diese seien oft wegen der ständigen Umstellung "völlig verwirrt" .
Für den Ärger der Betroffenen hat Walter Bockemühl, rheinland-pfälzischer Geschäftsführer des Branchenriesen AOK, sogar "menschliches Verständnis". Aber er verweist auch auf die beachtlichen Einsparungen durch die neue Regelung. Der Gesetzgeber habe es so gewollt, und das sei eben "eine Herausforderung für die Apotheken, das optimal umzusetzen". Am 1. April kommt die AOK mit neuen Verträgen. Kein Grund zur Panik, versichert Bockemühl, "bei den meistverkauften Medikamenten gibt es keine großen Veränderungen".

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