Plagegeister mögen es gerne warm: Neue Tier- und Pflanzenarten im Land aufgrund steigender Temperaturen

Trier · Der Klimawandel bringt dem Land nicht nur mehr Sommertage und mehr Rotwein, sondern auch jede Menge Plagegeister wie die Kirschessigfliege oder die gefährliche Tigermücke. Rheinland-Pfalz beteiligt sich nun am Kampf gegen die globale Erwärmung mit einem eigenen Klimaschutzkonzept.

Trier. Oliven, Orangenbäume und Palmen gedeihen auf dem Trierer Petrisberg noch nicht. Dennoch sind die Veränderungen, die der Klimawandel mit sich bringt, dort deutlich zu spüren. Es wird immer wärmer - wie überall im Land. 1947 betrug die in der Wetterstation auf dem Petrisberg gemessene Jahresdurchschnittstemperatur 8,9 Grad Celsius. 2011 waren es 10,6 Grad. 2014 - im wärmsten Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1881 - waren es laut TV-Wetterexperte Dominik Jung 11,2 Grad Celsius. Landesweit ist die Durchschnittstemperatur seit 1881 um 1,4 Grad Celsius gestiegen - so stark wie in keiner anderen Region Deutschlands. Meteorologen führen das darauf zurück, dass milde Westwetterlagen mit dem Klimawandel zugenommen haben.

Und das hat Folgen. Zum Teil sind sie erfreulich - wird es doch wärmer und sonniger. Das Frühjahr beginnt etwa zwei Wochen früher. Der Sommer endet später. Die Vegetationsperiode dauert länger, was Bauern so manch zusätzlichen Wiesenschnitt oder den Anbau anderer Pflanzen ermöglicht. So gedeiht Rotwein inzwischen problemlos auch an der Mosel. Und darauf, dass der Riesling richtig reif wird, ist inzwischen Verlass.

Allerdings überwiegen die negativen Folgen. Das rheinland-pfälzische Kompetenzzentrum für Klimawandelfolgen rechnet damit, dass es häufiger zu heftigen Gewittern, Sturm, Hagel, Starkregen und Überschwemmungen kommt - und infolgedessen zu Schäden an Häusern, Straßen und zu verstärkter Bodenerosion. Obwohl viele Rheinland-Pfälzer den Eindruck haben, dass es schon jetzt mehr Unwetter gibt, ist der Effekt laut Tilmann Sauer, dem stellvertretenden Leiter des Zentrums, statistisch noch nicht nachweisbar. Dies könne daran liegen, dass Starkregen meist sehr kleinräumig fällt - und daher von der nächsten Wetterstation womöglich nicht erfasst wird. Auch mit ausgeprägten Trockenperioden ist zu rechnen - insbesondere im Sommer.

All das hat Einfluss darauf, welche Pflanzen in Rheinland-Pfalz künftig gut gedeihen. Die flach wurzelnde Fichte beispielsweise hat nach Ansicht der Experten nur in den Höhenlagen des Landes noch eine Chance. Ambrosia hingegen, eine aus dem Süden eingewanderte Pflanze, die heftige Allergien auslöst, verbreitet sich allmählich. Und Landwirte werden wohl öfter mal bewässern müssen, um den Trockenstress ihrer Kulturen zu lindern.

Tiere wie Menschen leiden nicht nur unter der sommerlichen Hitze, sondern auch unter Plagegeistern, die dank der Erwärmung hier immer bessere Lebensbedingungen finden. Dazu zählen Zecken und Borkenkäfer, die Kirschessigfliege, die rotes Obst anritzt und ungenießbar macht, der Eichenprozessionsspinner, der Bäume kahl frisst und giftige Brennhaare hat, Viren, wie das von Stechmücken übertragene Schmallenberg-Virus, das 2012 dazu führte, dass Rinder oder Schafe landesweit Hunderte verkrüppelte Jungtiere zur Welt brachten, oder Insekten wie die asiatische Tigermücke, die gefährliche Krankheiten auf Menschen übertragen kann.

Da Treibhausgase als Ursache des Klimawandels gelten, will das Land Rheinland-Pfalz seinen Beitrag zur Reduzierung der Emissionen leisten. 1990 wurden noch 53 Millionen Tonnen Treibhausgase in die Atmosphäre entlassen. 2011 (neuere Daten gibt es nicht) waren es 35 Prozent weniger (35 Millionen Tonnen). Ziel des Landes ist es, den Wert bis 2020 im Vergleich zu 1990 mindestens um fünf Prozent zu senken. Und das Klimaschutzministerium ist zuversichtlich, dass dies gelingt.

Und zwar mithilfe des Klimaschutzkonzepts, dessen Umsetzung 2016 beginnen soll. Am 25. April findet in Trier ein Klimaforum statt, an dem sich auch 40 Bürger beteiligen können. Zur Diskussion stehen rund 100 Vorschläge, die dazu beitragen sollen, dass weniger Kohlendioxid in die Luft gelangt - sie betreffen den privaten Bereich ebenso wie die öffentliche Hand, Gewerbe, Industrie, Verkehr, Energieerzeugung oder Landnutzung. Dementsprechend unterschiedlich sind die vorgeschlagenen Maßnahmen. Hier beispielhaft ein paar Vorschläge: Das Land soll die Umrüstung von Nachtspeicherheizungen fördern, die landesweit in 80 000 Haushalten übermäßig viel Strom fressen, es stellt Lehrern und Schulen Material zur Umweltbildung zur Verfügung und schult Hausmeister darin, wie sie durch die Kontrolle der technischer Anlagen möglichst viel Energie sparen können. Auch der Vorschlag der Grünen, Bioabfall künftig in Biogasanlagen zu vergären, taucht in der langen Liste auf - ebenso wie zahlreiche Ideen, die dazu führen sollen, dass Menschen weniger Auto und mehr Fahrrad oder Bus fahren. Solche und andere Ideen sollen bewirken, dass das Land seine Zielmarke bis 2020 erreicht.
Online-Bewerbung für den Trierer Klimagipfel und weitere Informationen unter:
www.klimaschutzkonzept-rlp.de

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