Polizist treibt Miete auf Dienstfahrt ein

TRIER. Viel mehr als ein Teil-Sieg war nicht drin: Der wegen Untreue und Körperverletzung verurteilte Aachener Polizist, gegen den zunächst wegen Volksverhetzung ermittelt worden war, wurde gestern vom Trierer Landgericht zu einer - gegenüber dem ersten Urteil geringeren - Geldstrafe verurteilt.

Viel zu tun hatte Rechtsanwalt Wolfram Strauch gestern nicht. Nur ein paar verbale Breitseiten brauchte der in Aachen als Star-Anwalt geltende Jurist abzuschießen. Es lief (fast) ganz in seinem Sinne. Verhandelt wurde erneut der Fall des 50-jährigen Aachener Polizeiausbilders Helmut J. Im September war er vom Amtsgericht Bitburg im so genannten "Gauleiter-Prozess" wegen Körperverletzung und Untreue zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Die Vorwürfe der Volksverhetzung konnten J., der mehrere Häuser im Gaytal (Kreis Bitburg-Prüm) besitzt und sich dort - so die damalige Anklage - als "Gauleiter vom Gaytal" bezeichnet haben soll, nicht nachgewiesen werden. Verurteilt wurde er wegen Körperverletzung (J. hatte einen achtjährigen, behinderten Jungen am Kragen gepackt) und wegen Untreue (er trieb auf einer Ausbildungsfahrt mit Polizeischülern ausstehende Miete für eines seiner Häuser ein). Dagegen legten Staatsanwaltschaft und Verteidigung Berufung ein. Die "Gauleiter"-Vorwürfe spielten gestern keine Rolle mehr. Für den Lehrer am Polizeiausbildungs-Institut Linnich bei Aachen geht es um die berufliche Zukunft, ein Disziplinarverfahren steht noch aus. Die Verurteilung wegen Untreue könnte ihn den Job kosten. Seit 1999 ist er vom Dienst suspendiert beziehungsweise krank geschrieben. Die Berufung gegen die Verurteilung wegen Körperverletzung wurdegestern fallen gelassen, nachdem Richter Christoph Willems deutlich machte, dass diese wenig Chancen habe. Drei der sieben geladenen Zeugen konnten abziehen. Die übrigen (die Ehefrau des Angeklagten, Kollegen und sein Ex-Chef) bestätigten, dass Ausbildungsfahrten in die Eifel nicht ausdrücklich verboten waren. J. fuhr mehrmals mit Schülern in sein Ferienhaus ins Gaytal. Einmal bat ihn seine Frau, dabei die ausstehende Miete auf einem Aussiedlerhof in der Nähe einzutreiben, was J. prompt tat.Verteidiger plädieren für Verwarnung

Die Strecke zwischen Kreisstraße und dem Aussiedlerhof ist vier Kilometer lang. Während Staatsanwalt Manfred Stemper wie bereits in Bitburg die gesamte Ausbildungsfahrt als Untreue betrachtete, entschied das Schöffen-Gericht, lediglich die vier Kilometer zum und vom Aussiedlerhof als Veruntreuung anzusehen. Geschätzter Schaden: vier Euro. Die Verteidiger plädierten deshalb für eine Verwarnung. Doch das Urteil lautete: zehn Tagessätze zu je 70 Euro wegen Untreue. Zusammen mit den 50 Tagessätzen wegen Körperverletzung wurde die Strafe auf 55 Tagessätze von je 70 Euro festgelegt, fünf Tagessätze weniger als beim ersten Urteil. Staatsanwaltschaft und Verteidigung ließen offen, ob sie Berufung einlegen werden.

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