Verbrechen Polizistenmorde von Kusel: Fragen und Antworten

Zwei junge Polizisten werden in der Westpfalz bei einer Kontrolle getötet - die Tat sorgt Anfang 2022 für bundesweites Entsetzen. Später wird ein mutmaßlicher Täter, ein Wilderer, angeklagt und vor Gericht gestellt. Nun ist das Urteil auch rechtskräftig.

 Ein Holzkreuz zum Gedenken wurde am Tatort an der K22 bei Kusel aufgestellt, wo Ende Januar 2022 zwei Polizisten im Dienst getötet wurden

Ein Holzkreuz zum Gedenken wurde am Tatort an der K22 bei Kusel aufgestellt, wo Ende Januar 2022 zwei Polizisten im Dienst getötet wurden

Foto: dpa/Harald Tittel

Was war passiert?

In der Nacht vom 30. auf den 31. Januar 2022 ist eine Streife aus zwei Polizisten in der Westpfalz im Rahmen der Aufklärung einer Einbruchsserie unterwegs, der 29 Jahre alte Hauptkommissar und eine 24-jährige Polizeianwärterin (beide stammen aus dem Saarland) verwenden hierfür ein Zivilfahrzeug.

Kurz nach 4 Uhr morgens werden sie an der L22 zwischen Ulmet und Kusel auf einen verdächtigen Kastenwagen aufmerksam, der am Straßenrand steht. Sie halten an und kontrollieren vor Ort einen 38-Jährigen namens Andreas S. und einen weiteren 32-jährigen Mann. Die Polizisten setzen einen Funkspruch ab, wonach sie auf dubiose Personen getroffen seien, der Kofferraum sei voller Wildtiere. Kurz darauf fallen Schüsse.

Haben die getöteten Polizisten sich nicht verteidigen können?

Die 24-jährige Polizistin ist offenbar ahnungslos, als im Rahmen der Kontrolle überraschend auf sie auf den Kopf geschossen wird. Sie sei daraufhin laut den Ermittlungen schwer verletzt und bewusstlos auf die Straße gestürzt. Ihr Kollege setzt daraufhin einen Hilferuf per Funk ab und feuert mehrere Schüsse ab, bevor er ebenfalls am Kopf getroffen wird. Der 29-Jährige gab demnach 15 Schüsse aus seiner Dienstwaffe ab, trifft in der Dunkelheit aber nur den Kastenwagen. Die bewusstlose Polizistin wird anschließend durch einen weiteren Kopfschuss getötet.

Wann wurde der Hauptverdächtige festgenommen?

Als alarmierte Polizisten kurz darauf am Tatort eintreffen, finden sie keine Tatverdächtigen mehr vor. Der schwerverletzte Polizist stirbt noch vor Eintreffen der Rettungskräfte. Doch seine Kollegen entdecken einen Personalausweis und einen Führerschein, die auf Andreas S. ausgestellt sind. Sowohl er als auch der 32-Jährige werden am nächsten Tag festgenommen. Im Mai 2022 klagt die Staatsanwaltschaft S. wegen versuchtem Mord in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung sowie zwei weitere vollendete Morde an, zusätzlich Widerstand und tätlichen Angriff auf Vollstreckungsbeamte.

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Was ist zum Angeklagten bekannt?

Andreas S. stammt aus dem Saarland. Zum Zeitpunkt der Tat habe er laut Staatsanwaltschaft seinen Lebensunterhalt im Wesentlichen durch die Jagdwilderei und den Verkauf der Beute erzielt. Laut den Ermittlungen gilt er als "sehr guter Schütze". Gegen ihn hatte die Staatsanwaltschaft Saarbrücken in den vergangenen Jahren nach Informationen der Saarbrücker Zeitung mehrfach ermittelt. Dabei ging es unter anderem um mögliche Insolvenzverschleppung und Betrugsvorwürfe. In zwei Verfahren war bereits Anklage erhoben worden.
Bis 2020 hatte S. einen Jagdschein. Er besaß mehrere Waffen, hatte aber keine Erlaubnis mehr für den Besitz.

Wie lautet das Urteil?

Im Juni 2022 beginnt der Prozess vor dem Landgericht Kaiserslautern. Dieses verurteilt den mittlerweile 39-jährigen Angeklagten S. im November 2022 wegen zweifachen Mordes zu einer lebenslangen Haft. Das Landgericht stellt zudem die besondere Schwere der Schuld fest, damit gilt eine Entlassung nach 15 Jahren Haft als ausgeschlossen.

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Warum tötete der Hauptangeklagte die Polizisten?

Laut Gerichtsurteil wollte S. seine gewerbsmäßige Jagdwilderei vertuschen. Im Kastenwagen sollen zum Tatzeitpunkt 22 frisch geschossene Rehe und Hirsche gelegen haben.

Wieso wurde der Helfer von Andreas S. nicht wegen Mordes angeklagt?

Der mittlerweile 33-jährige Florian V. sei als Helfer von Andreas S. laut Staatsanwaltschaft zwar an der Wilderei beteiligt gewesen. Er habe aber nicht geschossen und umfassend ausgesagt. Das Mordverfahren gegen ihn wurde daraufhin eingestellt. Das Landgericht sprach V. zwar der Mittäterschaft der gewerbsmäßigen Jagdwilderei schuldig, und zwar in einem besonders schweren Fall. Es sah aber von Strafe ab.

Der verurteilte Andreas S. hat im Prozess hingegen seinen Helfer für die ersten Schüsse verantwortlich gemacht, dieser habe die Polizistin erschossen. Die nachfolgenden Schüsse auf den Polizisten habe S. in einer "Notwehrsituation" abgegeben.

Gibt es weitere Ermittlungen?

Tatwaffen waren eine Schrotflinte und ein Jagdgewehr, die bei der Festnahme von S. sichergestellt wurden. Die Schrotflinte habe der 38-Jährige laut Staatsanwaltschaft vor längerer Zeit in einem Waffengeschäft im Saarland erworben und dann an eine Privatperson verkauft. Mitte 2021 habe die Ehefrau des 38-Jährigen dann die Waffe von dieser angekauft. Bereits im Frühling 2021 habe die Ehefrau des 38-Jährigen das Jagdgewehr in einem weiteren Waffengeschäft im Saarland erworben. Der 38-Jährige lebte mit seiner Ehefrau, die die Waffen legal besaß, zusammen.
Ende Februar 2023 wurde gegen die Ehefrau Strafbefehl wegen Beihilfe zur gewerbsmäßigen Jagdwilderei und Verstoßes gegen das Waffengesetz ergangen. Nach dem Erlass vom Amtsgericht Kusel drohen der Frau zehn Monate Haft auf Bewährung, wenn der Strafbefehl rechtskräftig werde.

Im März 2023 war der Polizistenmörder in einem weiteren Prozess wegen Jagdwilderei und versuchter gefährlicher Körperverletzung am Amtsgericht Neunkirchen freigesprochen worden. Dieses Urteil ist noch nicht rechtskräftig, da die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt hat.

Ist das Urteil gegen Andreas S. rechtskräftig?

Die Verteidigung des Hauptangeklagten legte nach dem Urteil Revision ein. Am 21. Juli 2023 teilte der Bundesgerichtshof mit, dass diese verworfen worden sei. Das Urteil ist damit rechtskräftig.

Hinweis: Dieser Artikel wurde erstmals am 28.Januar 2023 veröffentlicht. Sie lesen die aktuelle Version.

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