Propheten und Strategen

Manche Politiker verfügen anscheinend über prophetische Gaben. Vor zwei Wochen orakelte SPD-Fraktionschef Jochen Hartloff bei einem Treffen mit Medienvertretern, der Hamburger Finanzsenator Carsten Frigge werde über seine Verwicklungen in die CDU-Finanzaffäre in Rheinland-Pfalz stolpern.



Und siehe da: Am Mittwoch ist der Mann zurückgetreten. Dabei hat der Mainzer Untersuchungsausschuss zu besagter Affäre noch gar nicht richtig begonnen. Die erste Beweisaufnahme ist für den 13 Dezember terminiert. Frigge soll dann aussagen, wen und was er genau 2005/2006 mit seiner Firma C4 beraten hat, um dafür 386 000 Euro von der CDU-Fraktion zu kassieren. Vermutlich wird er wenig bis gar nichts sagen. Da die Staatsanwaltschaft gegen ihn ermittelt, steht ihm ein umfassendes Aussageverweigerungsrecht zu, um sich nicht selbst zu belasten. Wie das geht, haben im U-Ausschuss Nürburgring schon mehrere Zeugen vorgemacht, in dieser Woche erst der Kreditmediator der Bundesregierung, Hans-Joachim Metternich.

Vier Monate vor der Landtagswahl bleibt den regierenden Sozialdemokraten wenig Zeit, um im Dunkel der CDU-Finanzen herumzustochern und etwas Skandalöses ans Tageslicht zu fördern. Vier Sitzungen sind für Januar und Februar angesetzt. Schon mutmaßen die Genossen, die Union wolle mit ihrem ersten Beweisantrag lediglich Zeit schinden. Allerdings steckt in genau diesem Antrag reichlich Zündstoff. Es sollen nämlich unter anderem mögliche Regressforderungen und deren Durchsetzbarkeit diskutiert werden. Die Betroffenen solcher Forderungen wären zweifellos Ex-CDU-Chef Christoph Böhr und Ex-Fraktionsmanager Markus Hebgen.

Was die CDU-Strategen mit diesem Antrag bezwecken wollen, darüber wird fleißig gerätselt. In der Fraktion gärt es bereits, weil man schon wieder die eigenen Leute ins Visier nehme. "Die lernen aus dem Fall Billen nichts", sagt ein Abgeordneter.

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