Protest im Hunsrück gegen die Polizeireform

Mainz · Anfang Juli hat Innenminister Roger Lewentz den Startschuss gegeben, im Herbst tritt die Polizeireform mit der Einbringung im Landtag in die heiße Phase. Obwohl laut Ministerium kein Personal abgebaut werden soll, birgt das Vorhaben Zündstoff.

Mainz. Als zentrale Aufgabe der Polizei gilt es, Straftaten nicht nur zu verfolgen, sondern sie vorbeugend zu verhindern. Ein Mittel zum Zweck sind die beliebten Puppentheater. Hier wird Kindern spielerisch vermittelt, wie sie sich im Straßenverkehr richtig verhalten oder gegen Gewalt und sexuellen Missbrauch wehren können. Für viele Kinder ist es der erste Kontakt zur Polizei.
Doch der Sparzwang - die rot-grüne Landesregierung will bis 2016 insgesamt jährlich 220 Millionen Euro kürzen - macht auch vor den Gesetzeshütern nicht halt. Die Puppenbühnen stehen vor dem Aus, die präventiv tätigen Beamten sollen "verstärkt dem allgemeinen Polizeidienst zugeführt werden", sagt die Trie rer Polizeisprecherin Monika Peters. FDP-Landeschef Volker Wissing moniert: "Die Landesregierung hat kein Herz für Kinder." Werde ausgerechnet bei der Prävention der Rotstift angesetzt, sei dies "Ausdruck einer gefährlichen Geringschätzung der polizeilichen Arbeit".
Das Abschaffen der Puppenbühnen und das Schließen der polizeilichen Beratungsläden in Städten wie Trier sind Maßnahmen, die sich schon konkret abzeichnen. Sämtliche Aufgaben und Abläufe der täglichen Polizeiarbeit stehen auf dem Prüfstand, obwohl die Reform nicht so grundlegend ausfallen soll wie 1993. Die Polizei soll effizienter werden, "ohne dass Einbußen an der hohen Qualität und dem hohen Erfolg bisheriger polizeilicher Arbeit mit Auswirkungen auf die Sicherheit der Bürger verbunden sind", sagt Eric Schaefer, Sprecher des Innenministeriums. Sorgen seien unbegründet.
Am Personalstand werde sich nichts ändern, versichert Schaefer. Der Landtag habe im April 2003 die Zahl von 9014 Beamten als langfristig angemessen erachtet. In den vergangenen Jahren sei "auf Vorrat" ausgebildet worden, um Abgänge von Ruheständlern zu kompensieren. Insofern werde der hohe Stand von derzeit 9360 Polizisten in den kommenden Jahren abschmelzen.
Wenn von der "Optimierung von Aufgaben und Strukturen" die Rede ist, werden allerdings Befürchtungen laut. "Der Sparzwang ist nicht so ohne weiteres zu erfüllen, denn beim Sparen würde man andere Löcher aufreißen", sagt CDU-Innenexperte Alexander Licht. Er verweist auf ein Papier der Polizeigewerkschaft, demzufolge seit 2001 so viele neue Aufgaben für die Beamten hinzugekommen seien, dass diese rund 1000 Vollzeitstellen mehr erforderten.
Im Mai, als die angestrebte Reform von SPD und Grünen im Koalitionsvertrag fixiert wurde, hatte der Landesvorsitzende der Polizei-Gewerkschaft, Ernst Scharbach, schon auf etliche neue Aufgaben wie Sondergruppen gegen Terrorismus, Korruption und Menschenhandel oder die Häuser des Jugendrechts hingewiesen und gewarnt: "Ich bin völlig ratlos, wie sich die Landesregierung das vorstellt."
Die sechs vom Ministerium gebildeten Arbeitsgruppen, die mit regionalen Experten besetzt sind, beleuchten die kriminalpolizeiliche Organisationsstruktur, die regionale und innere Dienstellenstruktur, die polizeilichen Aufgaben auf Autobahnen und Aufbau und Abläufe bei der Bereitschaftspolizei sowie in den Führungs- und Stabsstellen der Polizeipräsidien und der nachgeordneten Dienststellen.
Herauskommen könnte dabei, dass etliche Polizeiinspektionen in Rheinland-Pfalz aufgrund zu geringer Deliktzahlen überflüssig sind oder dass Polizeiwachen, die im Gegensatz zu Inspektionen nicht rund um die Uhr besetzt sind, geschlossen werden. "Wenn da keiner anruft, warum sollten dann Beamte da rumsitzen?", sagt ein SPD-Abgeordneter.
Solche Gedanken bereiten Tausenden Bürgern im Hunsrück Sorgen. Vergangene Woche wurde eine Delegation aus Morbach, angeführt von Bürgermeister Andreas Hackethal, vorsorglich mit einer Unterschriftenliste zum Erhalt ihrer Inspektion in Mainz vorstellig.
Das Ministerium beschwichtigt. Noch sei nichts entschieden. "An der Sicherheit der Menschen im Land wird nicht gespart", beteuert Ministeriumssprecher Schaefer. Genau das fürchtet indes die Opposition. "Es wird den ländlichen Raum alleine treffen", glaubt CDU-Fraktionsvize Licht. Werde etwa die Wache in Traben-Trarbach abgeschafft oder durch einen Bezirksdienst ersetzt, sei nur noch ein Dorfpolizist zum Schutz der Bürger da. "Wenn die Polizei nicht mehr das Ohr am Puls der Zeit und der Bürger vor Ort hat, ist das gefährlich."
Der Zuständigkeitsbereich des Trierer Polizeipräsidiums umfasst den etwa 6000 Quadratkilometer großen Bereich zwischen Birkenfeld, Prüm, Traben-Trarbach und Saarburg; eine Region mit etwa 620 000 Einwohnern. Rund 1000 Polizisten sind hier im Einsatz. Es gibt 14 Polizeiinspektionen und vier (nicht rund um die Uhr besetzte) Polizeiwachen, die jeweils einer Inspektion zugeordnet sind. Dazu kommen vier Kriminalinspektionen und die Polizeiautobahnstation in Schweich.sey

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