Razzia im Rotlicht-Milieu

TRIER. Etwa 30 Beamte von Kriminalpolizei, Zoll und Steuerfahndung haben am Freitagabend ein Bordell und vier Wohnungen im Raum Trier durchsucht. Der Verdacht: Steuerhinterziehung sowie fehlende Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigungen.

Damit hatten wohl weder die Barbetreiber noch die Damen des horizontalen Gewerbes gerechnet: Am Freitagabend um kurz nach 21 Uhr kamen auf einen Schlag 30 gut angezogene Herren in das Rotlicht-Etablissement bei Trier. Dass es sich bei dem nächtlichen Besucheransturm nicht um einen Kegelklub auf feucht-fröhlicher Bustour handelte, stand schnell fest. Die Ermittler von Zoll, Finanzamt und Kriminalpolizei wollten die Ausweise der Anwesenden sehen und interessierten sich auch für Abrechnungsunterlagen, Kassenbons und andere Dokumente. Der Verdacht: Die Betreiber des Rotlicht-Etablissements führen angeblich nicht ordnungsgemäß ihre Steuern ab, ebenso wenig die elf Animierdamen aus überwiegend osteuropäischen Ländern. Von den Frauen sollten einige zudem weder Arbeits- noch Aufenthaltsgenehmigungen haben. Über die Ergebnisse der Rotlicht-Razzia hüllen sich die beteiligten Behörden noch weitgehend in Schweigen. Volker Bewernick, Vize-Chef der Trierer Staatsanwaltschaft, bestätigte auf TV-Anfrage, dass gegen zwei Betreiber eines Rotlicht-Etablissements Ermittlungsverfahren eingeleitet worden seien - weil sie Sozialbeiträge für ihre Damen nicht ordnungsgemäß abgeführt haben sollen.Rotlicht-Scheu überwunden

"Die bisherigen Ermittlungen haben den Anfangsverdacht erhärtet", sagte der Chef der Trierer Steuerfahndung gestern dem TV. Nach Angaben des Finanzbeamten, der namentlich nicht genannt werden will, ermittelt die Steuerfahndung bereits seit Längerem im Rotlicht-Milieu. Hintergrund: Weil viele Prostituierte ihre Einnahmen nicht und nur unzureichend versteuern, gingen dem Fiskus schätzungsweise jährlich zwei Milliarden Euro durch die Lappen. Weitere Steuerausfälle beklagen die Finanzämter durch die "Nichtbesteuerung der Zuhälter" und die "unzureichende Besteuerung von Bordellen". Ein Umstand, der bereits vor zweieinhalb Jahren auch dem Bundesrechnungshof übel aufgestoßen ist. Für die Steuerpflicht, so die Rechnungsprüfer, sei es unerheblich, ob ein Verhalten gegen ein Gesetz oder die guten Sitten verstoße. Auf gut deutsch: Hauptsache, der Rubel rollt. Von den etwa 400 000 Prostituierten in Deutschland dürften weniger als ein Prozent steuerlich erfasst sein, schätzte seinerzeit Rechnungshof-Präsident Dieter Engels und forderte das Finanzministerium zum Handeln auf. Er habe manchmal das Gefühl, "dass die Steuerabteilung zum Jagen getragen werden muss", so der Rechnungshof-Chef wenig diplomatisch. Mittlerweile aber haben die Finanzbehörden ihre "Rotlicht-Scheu" offenbar überwunden. Die Trierer Steuerfahndung kündigte jedenfalls schon mal an, Barbetreiber und Animierdamen im Auge zu behalten.

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