Rechnungshof-Präsident Behnke: "Es ist nicht unsere Aufgabe zu gefallen"

Klaus P. Behnke, Präsident des Landesrechnungshofes, hofft nach der großen Kabinettsumbildung auf einen sachlicheren Umgang der Landesregierung mit seiner Behörde. An einigen Stellen sei der Respekt vor unabhängigen Institutionen entwicklungsfähig, sagt Behnke im Interview mit Volksfreund-Redakteur Frank Giarra.

Das Gutachten des Rechnungshofs zum Nürburgring hat gravierende Auswirkungen gehabt. So hat die Ministerpräsidentin fast das gesamte Kabinett umgebildet. Überrascht Sie das?
Klaus P. Behnke: Das Thema Nürburgring kam in geballter Form. Unser Gutachten war nur ein Teil davon. Es gab auch noch die EU-Entscheidung, dass Beihilfen des Landes illegal waren, und Überraschungen beim Verkaufsprozess. Diese Gesamtsituation hat zu einer extremen Anspannung und Nervosität geführt. Nicht unerheblich dürfte auch das Gewicht politisch-strategischer Überlegungen gewesen sein.

Der Bericht des Rechnungshofes enthält harte Kritik an der früheren SPD-Regierung, was jetzt zur Ablösung verantwortlicher Minister geführt hat.
Behnke: Wir haben klare Aussagen getroffen, die nicht jedem gefallen haben. Es ist aber nicht unsere Aufgabe zu gefallen, sondern Sachverhalte aufzuklären und zu bewerten.

Sie und Ihre Behörde sind wegen des Gutachtens von der SPD attackiert worden. Wie haben Sie das empfunden?
Behnke: Die heftigen Reaktionen haben mich schon überrascht. Schließlich sind wir einem Prüfungsersuchen des Landtags gefolgt, das alle Fraktionen einstimmig erbeten haben.

Wie hat sich die Kritik manifestiert?
Behnke: Es gab streckenweise eine aggressive Stimmung in den Ausschüssen, die leider zum Teil eine sachliche Auseinandersetzung überlagert hat.

Gab es das früher schon einmal?
Behnke: Ich bin seit 2007 Präsident des Rechnungshofes. Das habe ich so noch nie erlebt.

Sehen Sie die Unabhängigkeit des Rechnungshofes gefährdet?
Behnke: Der Respekt vor den Institutionen, die laut Verfassung den rechtmäßigen Vollzug der Gesetze sicherstellen sollen, scheint mir an einigen Stellen entwicklungsfähig zu sein.

Können Sie den Ärger der SPD nachvollziehen? Immerhin zitiert die CDU-Opposition den Rechnungshof immer wieder genüsslich.
Behnke: Ich möchte mich weder von der einen noch von der anderen politischen Seite instrumentalisieren lassen. Unser Job ist die Kontrolle der Haushalts- und Wirtschaftsführung.

Im Ring-Gutachten sind allerdings auch dem Rechnungshof Fehler unterlaufen.
Behnke: Ja, es gab kleinere Ungenauigkeiten, zum Beispiel ein fehlendes Zitat oder die Zuordnung einer Abteilung zu einem falschen Ministerium, dessen Zuständigkeit sich geändert hatte. Das waren Fehler, die nicht hätten passieren dürfen. Dadurch ändert sich zwar nichts an den Bewertungen und Grundaussagen unseres Gutachtens, gleichwohl ist so etwas sehr ärgerlich.

Solche Berichte binden bei Ihnen Kapazitäten. Sind Sie froh, wenn Ihre Behörde aufgrund der Privatisierung des Rings künftig keine Gutachten mehr erstellen muss?
Behnke: Es gab ja immer einen Anlass für unsere sechs oder sieben Prüfungen. Bei privatisierten Unternehmen steht dem Rechnungshof kein Prüfungsrecht mehr zu. Ich halte es für wünschenswert, dass die Menschen in der Region Ruhe bekommen und eine Situation entsteht, bei der alle profitieren.

Was erwarten Sie vom neuen Kabinett?
Behnke: Das ist in mehrfacher Hinsicht ein Neuanfang. Das bietet sicherlich auch die Möglichkeit, die Beziehungen zwischen der Landesregierung und dem Rechnungshof zu versachlichen.

Der grüne Landtagsabgeordnete Ulrich Steinbach soll laut Vorschlag der Ministerpräsidentin Vizepräsident des Rechnungshofs werden. Die CDU reklamiert, man habe nur zu diesem Zweck das Rechnungshofgesetz geändert.
Behnke: Das Gesetz wurde geändert, das stimmt. Bislang war es de facto Juristen vorbehalten, Präsident oder Vize zu werden, jetzt kann das jeder, der die Qualifikation für den höheren Dienst hat. Diese politische Entscheidung ist keinesfalls ungewöhnlich. In sieben anderen Bundesländern gibt es bereits im Wesentlichen gleichlautende Bestimmungen.

Kontrolliert der Grüne Steinbach künftig grüne Ministerien?
Behnke: Wir werden den Geschäftsverteilungsplan so ändern, dass er nicht für Prüfungsthemen zuständig ist, die grüne Ministerien betreffen.

Sie sollen Wirtschaftlichkeitsbeauftragter der Landesregierung werden. Wann ist es soweit?
Behnke: Zunächst müssen wir uns noch über die Regeln dieser Tätigkeit einigen. Wir werden voraussichtlich dem Vorbild Hessens folgen, dort gibt es eine entsprechende Verwaltungsvorschrift. Ich gehe davon aus, dass der Wirtschaftlichkeitsbeauftragte zum 1. Januar seine Tätigkeit aufnimmt. fcg

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