Rechtsmediziner: Opfer ohne Chance

Der 46-Jährige, der im Juni vergangenen Jahres seine fünf Jahre jüngere Ex-Freundin ermordet haben soll, ist voll schuldfähig. Das sagte gestern der psychiatrische Gutachter im Prozess gegen den Trierer.

Trier. Gesa B. hatte keine Chance. Ihr Mörder hielt ihr, als sie auf der Wohnzimmer-Couch lag, vermutlich von hinten ein Kissen vor das Gesicht. Als sie bewusstlos war und sich nicht mehr wehren konnte, stach ihr der Mann mehrmals in den Hals. Bei einem der Stiche wurde eine Halsvene getroffen. Die 40-Jährige verblutete.

"Sie hat sich nicht gewehrt", sagte gestern der Rechtsmediziner Reinhard Urban im Prozess vor dem Trierer Landgericht. Auf der Anklagebank sitzt seit Dezember der ehemalige Lebensgefährte der Frau. Der 46-jährige Georg S., der trotz der Trennung weiter mit der Frau in ihrem Haus in Trier-Nord wohnte, soll sie irgendwann zwischen dem 7. und 8. Juni vorigen Jahres ermordet haben. Mögliche Motive: Ärger, weil sie ihn aus dem Haus haben wollte, und Eifersucht. Gesa B. hatte einen neuen Freund.

Doch Georg S. hat bisher geschwiegen. Als er am zweiten Verhandlungstag vernommen wurde, brach er nach einer Stunde die Befragung ab, als er sich zu der Tat äußern sollte. Er sei nervlich nicht in der Lage weiterzureden, sagte er. Seitdem hat S. im Gerichtssaal nichts mehr gesagt.

Auch gestern nicht.

Regungslos, aber sehr aufmerksam, hört er dem Rechtsmediziner zu, den er immer im Blick behält. Wann Gesa B. ermordet worden ist, steht nicht fest. Gefunden wurde ihre Leiche am späten Nachmittag des 8. Juni, einem Montag. Ihre Arbeitskollegen im Restaurant eines Trierer Kaufhauses hatten die 40-Jährige vermisst gemeldet. Laut Rechtsmediziner Urban liegt der Todeszeitpunkt mindestens 20 Stunden weiter zurück. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass B. bereits am Sonntagmorgen ermordet worden war. Seitdem war sie nicht mehr gesehen worden, hatte nicht mehr auf Anrufe reagiert. Nachdem er sie erstochen hatte, hat ihr Mörder sie dem Rechtsmediziner zufolge in den Keller geschleppt und ihre Leiche in eine Duschwanne gelegt. Dabei schlug vermutlich ihr Kopf auf und es kam laut Urban zu einem Schädelriss. Die Verletzung sei ihr jedenfalls erst nach ihrem Tod zugefügt worden. Wenn Georg S. der Mörder ist, dann hat er die Tat geplant und seine Ex-Freundin zielgerichtet getötet. Das jedenfalls glaubt der psychiatrische Gutacher Ingo Baltes. Er schloss gestern eine Kurzschlussreaktion, also einen Affekt, aus. Obwohl S. zu dem Zeitpunkt betrunken war, hält Baltes ihn für voll schuldfähig. Es gebe bei ihm keinen Hinweis auf eine psychische Störung, sagte Baltes. Eifersucht schloss er als Motiv aus. "Die Beziehung war für mich abgeschlossen", soll S. ihm bei einem Gespräch gesagt haben. S. nickt, als der Gutachter, darüber spricht.

Der Prozess wird am 26. Februar fortgesetzt. Geplant sind dann die Plädoyers von Staatsanwalt und Verteidigung. Möglicherweise fällt dann auch das Urteil.

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