Rechtsmedizinerin beschreibt regelrechtes Martyrium

Er wurde geschlagen, verbrannt und massiv geschüttelt: Es sind erschütternde Details, die gestern im Prozess um den Tod eines amerikanischen Jungen, dessen Mutter sich seit Ende Februar vor dem Landgericht Trier zu verantworten hat, bekannt geworden sind.

Trier. Die fliederfarbenen Ballerinas an ihren Füßen wirken fehl am Platz. Sie sind das einzig Fröhliche an der Angeklagten. Immer wieder greift die 22-Jährige am Mittwoch zum Taschentuch, versucht vergeblich, ihre Tränen zu trocknen. Zwei Mal muss Richterin Petra Schmitz den Prozess gegen die Amerikanerin unterbrechen, die sich wegen des Tods ihres Sohns im Oktober 2010 vor dem Landgericht Trier verantworten muss.

Betroffene Mienen im Saal



In der Tat ist das, was gestern zur Sprache kommt, für niemanden im Sitzungssaal leicht zu ertragen. Während die Angeklagte ihren Kopf zwischen den Armen vergräbt - fast so, als wolle sie nicht hören, was die Dolmetscherin ihr übersetzt, folgen die restlichen Prozessbeteiligten mit betroffenen Mienen den Ausführungen der rechtsmedizinischen Sachverständigen Elke Doberentz. Detailliert beschreibt diese die zahlreichen Verletzungen, die dem Jungen, der im Alter von nur acht Monaten an seinen schweren Hirnverletzungen starb, zugefügt sein müssen: Neben den Hirnschäden hatte dieser, als er am 2. September 2010 mit einem Atemstillstand ins Krankenhaus gebracht wurde, frische Brüche am Oberarm, an den Rippen und am rechten Oberschenkel. "Typische Verletzungen eines Schütteltraumas", sagt Doberentz. Sie schildert weiter, dass die Ärzte zudem ein Hämatom in der linken Ohrmuschel feststellten, Indiz für einen Schlag ins Gesicht, weitere ältere Brüche, Anzeichen für ein früheres Schütteltrauma, sowie Brüche an beiden Unterarmen, die auf ein Verbiegen der Hände oder ein Wegschleudern des Kindes hinweisen.

Viele schmerzhafte Brüche



Auch die Verbrennungen, wegen derer das Baby im August im Wittlicher Krankenhaus behandelt wurde, führt die Gutachterin nicht allein, wie von den Eltern behauptet, darauf zurück, dass der Junge zu heiß gebadet worden sei: Einige Brandwunden sähen eher aus, als sei die Haut mit einem heißen Gegenstand in Kontakt gekommen, betont Doberentz, die ihr Befremden darüber, dass damals dem Verdacht auf Kindesmisshandlung nicht nachgegangen wurde, gestern nicht gänzlich verbergen kann.

Skeptisch zeigt sich die rechtsmedizinische Gutachterin auch darüber, dass die Angeklagte angeblich nichts von den Misshandlungen mitbekommen haben will. Staatsanwalt Jörn Patzak wirft der 22-Jährigen vor, ihr Baby nicht vor den Übergriffen des Vaters, einem amerikanischen Soldaten, geschützt zu haben. Die Angeklagte hatte jedoch angegeben, sie habe lediglich bemerkt, dass ihr Baby oft geweint habe. Unglaubwürdig, meint Gutachterin Doberentz: Zwar sei ein Schütteltrauma von außen nicht erkennbar, doch der Junge habe die vielen, schmerzhaften Brüche bestimmt nicht klaglos hingenommen, müsse oft geschrien und geweint haben: "Man kann sicher sein, dass Eltern das auffällt", sagt die Sachverständige mit einem Blick auf die Angeklagte, deren Tränen am Mittwoch nicht enden wollen. neb

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