"Rechtzeitiges" Geständnis

Mildes Urteil für einen Vater, der sein Baby schwer misshandelt hat: Weil er die Taten gestanden hat muss er nur fünf Jahre ins Gefängnis, ansonsten hätten ihm bis zu zehn Jahren Haft gedroht.

Trier. Immer wieder muss ihre Mutter sie in den Arm nehmen, sie trösten. Die Augen der jungen, sportlich elegant gekleideten Frau mit dem Pferdeschwanz, sind gerötet, mit einem Taschentuch wischt sie sich die Tränen weg. Die 19-Jährige ist die Mutter der bald einjährigen Juanna. Das Baby ist Anfang des Jahres brutal misshandelt worden; Ärzte haben damals bei zwei Krankenhausaufenthalten ein schweres Schütteltrauma, mehrere Rippenbrüche, gebrochene Arme und jede Menge blaue Flecke bei dem kleinen Mädchen festgestellt.

Verdacht: Kindesmisshandlung. Verdächtigt: der 32-jährige Vater von Juanna, Markus G.

Der sitzt an diesem Morgen nur ein paar Meter weit von der Mutter des Kindes entfernt im Saal 66 des Trierer Landgerichts. Auch seine Augen sind gerötet, er weint.

G. wirkt an diesem Morgen aufgewühlt, angeschlagen. Am ersten Prozesstag hat er geleugnet, seiner damals vier Monate alten Tochter bewusst Gewalt angetan zu haben. Vielleicht rührt die Aufgekratztheit des bislang vor Gericht eher kühl wirkenden Gelegenheitsarbeiters von der bevorstehenden Aussage der ehemaligen Lebensgefährtin, Juannas Mutter, die er seit seiner Verhaftung im März nicht mehr gesehen hat. Vielleicht ist es auch die Anwesenheit seines Vaters.

Der Vorsitzende Richter Armin Hardt erlaubt G., kurz mit seinem Vater zu sprechen. Danach bittet G.´s Anwalt Karl-Josef Theisges um ein Gespräch mit den Richtern, Schöffen, Staatsanwalt Volker Blindert und der Anwältin des Kindes, Ruth Streit. Als kurz danach G.´s Anwalt eine knappe Erklärung verliest, in der der Angeklagte alle Vorwürfe zugibt und die zum Teil lebensgefährlichen Verletzungen "billigend in Kauf genommen" habe, geht ein leises Raunen durch den Gerichtssaal.

G. erspart der völlig aufgelösten, jungen Mutter den schwierigen Gang in den Zeugenstand. Das Geständnis hat seinen Preis: Gericht, Staatsanwaltschaft und die Anwältin des Kindes haben sich auf eine Strafe von nicht mehr als fünf Jahren für den 32-Jährigen geeinigt. Ohne das "noch gerade rechtzeitige" Geständnis, so Richter Hardt, hätte ihm eine fast zehnjährige Gefängnisstrafe gedroht. Das Gericht gibt sich mit der knappen Erklärung des Anwalts zufrieden. Dass G.´s Erklärungen etwa für die gebrochenen Unterarme, er habe mit Juanna "nur gespielt", nicht stimmen können, belegt das Gutachten der Mainzer Rechtsmedizinerin Bianca Navarro. Um die beiden Unterarme zu brechen, müsse man die Knochen schon gewaltsam biegen. Es sei kaum zu glauben, "dass jemand so grausam mit einem Kind umgeht", sagt Staatsanwalt Blindert. G. habe in seiner Vaterrolle "voll versagt", redet die Anwältin des Kindes dem nach seinem Geständnis wieder völlig gefasst und gelöst wirkenden, teilweise auch lächelnden 32-Jährigen ins Gewissen. Anwalt Theisges gibt die Mitschuld an den brutalen Misshandlungen ("Er liebt sein Kind sehr") dem Bitburg-Prümer Jugendamt. Das habe zu spät reagiert, den "hoffnungslos überforderten" Vater nicht unterstützt. Das Jugendamt hatte nach dem zweiten Klinikaufenthalt im Februar das Kind vorläufig in Obhut genommen und in eine Pflegefamilie gegeben. Das Oberverwaltungsgericht in Koblenz hob diese Entscheidung wieder auf. Seitdem lebt das Kind wieder bei seiner Mutter. Es gehe ihm gut, es sei gesund, sagt seine Oma vor Gericht.

G. nimmt den 20-minütigen Urteilsspruch fast regelungslos entgegen. Nach kurzer Beratung mit seinem Anwalt akzeptiert er, dass er fünf Jahre ins Gefängnis muss.

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