Wirtschaft Ausstellung zum 200.Geburtstag: Region Trier schlägt Kapital aus Marx

Trier · Der Kapitalismus kriselt und Karl Marx boomt. Das kommt seiner Heimatstadt derzeit zugute.

Werbe-Gag: Der Trierer Null-Euro-Schein, den Lena Hauser präsentiert, ist begehrt – und momentan ausverkauft.

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Foto: TV/Trier Tourismus und Marketing GmbH

Nur noch wenige Wochen, dann öffnet am 5. Mai – pünktlich zum 200. Geburtstag des umstrittenen Philosophen – die große Karl-Marx-Ausstellung und lockt Besucher aus aller Welt. Alles spricht dafür, dass das Jubiläumsjahr zu einem Ereignisreigen mit üppigem Ertrag wird.

Schon jetzt versuchen viele, Kapital aus Marx zu schlagen. Mit Marx-Brot und Marx-Schokolade, mit Wein, Tassen oder Taschen. Selbst rauschebärtige Badeenten stehen in den Regalen. Und ein neuer Null-Euro-Schein mit dem Konterfei des Denkers hat nicht nur in Deutschland, sondern auch in den USA oder Russland derart eingeschlagen, dass Tausende Exemplare des drei Euro teuren Andenkens innerhalb kürzester Zeit verkauft waren, sodass die Tourist-Information nachbestellen muss.

Schon 670 Führungen sind gebucht. „Das Interesse der Medien, aber auch das von Individual- und Gruppenreisenden ist enorm“, sagt Ann-Kathrin Reichenbach, Sprecherin der Ausstellungsgesellschaft. Fast täglich berichten nationale und internationale Journalisten dieser Tage über Marx, seine Geburtsstadt und die Ausstellung. Weil die umstrittene Riesenstatue aus China eingetroffen ist. Weil Karl Marx in Trier nun als „Ampelmärxchen“ den Verkehr regelt. Oder weil wieder mal ein neues Buch über ihn erschienen ist.

200 Jahre nach seiner Geburt, knapp 30 Jahre nach dem Zusammenbruch des Kommunismus und zehn Jahre nach der Finanzkrise scheint es, dass der Philosoph so angesagt ist wie lange nicht. Das erstaunt angesichts der Millionen Toten, die der Kommunismus in seinem Namen forderte. Es erstaunt angesichts der alles andere als leicht verdaulichen Werke. Und auch deshalb, weil Marx mit einigen seiner Theorien danebenlag. Das Proletariat ist nicht verelendet. Anders als er erwartet hatte, sind die Löhne gestiegen. „Die Gewerkschaften haben den Kapitalismus gerettet“, sagt die Wirtschaftsjournalistin Ulrike Herrmann, die mehrere Bücher über den Kapitalismus geschrieben hat.

Wie aber steht es um diese Wirtschaftsform? Die Finanzkrise hat vielen mit Schrecken gezeigt, wie anfällig das System ist. Aber was ist die Alternative? Christian Bauer, Trierer Professor für Monetäre Ökonomik, schätzt am Kapitalismus, dass der Markt mithilfe der Preise zeige, welche Bedürfnisse die Gesellschaft habe. Das funktioniere deutlich besser, als bereits bei der Geburt einen Trabi zu bestellen. Den Menschen gehe es zudem viel besser als vor 200 Jahren. „Das wäre ohne die soziale Marktwirtschaft nicht möglich gewesen.“

Aber taugt das System auch für die Zukunft? Für acht oder zehn Milliarden Menschen? „Keine Ahnung“, sagt Bauer. Die Bedürfnisse aller könnten sicher nicht befriedigt werden. Wir tun jetzt schon so, als hätten wir drei Planeten“, sagt Herrmann. Man könne in einer endlichen Welt nicht unendlich wachsen. Die Ressourcen würden knapp. „Wir ruinieren hier alles: die Böden, die Meere, das Klima“, sagt sie. Eine Lösung jedoch gebe es bisher nicht. Wenn man den Kapitalismus überwinden wolle, müsse man ihn erst einmal verstehen.

Vielleicht auch dies ein Grund, warum sich heute wieder so viele Menschen mit Marx beschäftigen. Aus welchen anderen Gründen er viele fasziniert, wo er Recht hatte und wo er völlig danebenlag, lesen Sie hier.

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