Regionale Unternehmer blicken skeptischer in die Zukunft

Trier · Ja, das Wirtschaftswachstum trübt sich ein. Aber nein, eine schwerwiegende Krise bedeutet das für die Wirtschaft noch lange nicht. Der TV macht eine Bestandsaufnahme der Branchen und Einflussfaktoren.

Schaut man sich die aktuellen Konjunkturdaten an, so könnte man meinen, mit Deutschlands Wirtschaft gehe es steil bergab. Und in der Tat: Einen so großen Abschwung hat es schon einige Jahre nicht mehr gegeben. Dem Wirtschaftswachstum geht die Puste aus. Das zeigen zumindest die Ergebnisse der aktuellen Konjunkturumfragen der regionalen Wirtschaftskammern. Und auch auf Landes- und Bundesebene gibt es ähnliche Entwicklungen. Doch eines ist zu beachten: Das bisherige Konjunkturklima bewegte sich bislang auf einem sehr hohen Niveau.

Die Stimmung:
Deutschlandweit sind die meisten Institute und die Bundesregierung zu Jahrebeginn von einem Wachstum von insgesamt 1,8 Prozent ausgegangen. Inzwischen wurden die Prognosen für 2014 auf 1,2 Prozent nach unten korrigiert, die Bundesbank spricht von einem "bestenfalls verhaltenen Wachstum".
Etwas, das sich auch im Konjunkturindikator der Trierer Industrie- und Handelskammer (IHK) .- er wird zweimal im Jahr ermittelt - für die Region niederschlägt: Lag dieser im Frühjahr bei 135 Punkten, so ist er nun um 22 Punkte gesunken. "Dieser Rückgang zwischen zwei Untersuchungen um gut 16 Prozent ist schon sehr stark", räumt IHK-Geschäftsführer Matthias Schmitt ein. Nur in der Wirtschaftskrise 2009 sei der Index zuletzt so stark gesunken. Deshalb sei diese Entwicklung auch "mehr als ein Wermutstropfen. Denn es gibt keinen Wachstumsoptimismus mehr". Heißt: Die Stimmung ist arg abgekühlt.
Allerdings lag der Konjunkturindex zuletzt sehr hoch; im Zehn-Jahres-Vergleich hat er nur zweimal Werte erreicht wie im Frühjahr 2014 (siehe Grafik). "Das ist noch keine Krise, allerdings hat das Wachstum stark auf die Bremse getreten", sagt der IHK-Chefvolkswirt. Nun komme es auf das nächste halbe Jahr an, ob man von einem länger anhaltenden Rückgang oder einem kurzfristigen Effekt sprechen könne. Ob Nachfragerückgang in Frankreich und Italien, Ukraine-Krise, Ebola-Epidemie oder Syrien-Konflikt: Laut Schmitt "sind die einzelnen Krisen überschaubar, als Ganzes aber bedrückend"..
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Industrie, Handel, Dienstleister
Während die Dienstleister mit ihren Geschäften zufrieden sind, berichten vor allem Industrie und Handel von zäh verlaufender Auftragsakquise. Insgesamt zeigt sich dennoch ein gutes Bild der regionalen Wirtschaft: 39 Prozent der Befragten (Frühjahr 52 Prozent) berichten von einer guten Geschäftslage, neun Prozent (Frühjahr sechs Prozent) von einbrechenden Aufträgen.
Auch die Geschäftserwartungen sind weitaus schlechter als im Frühjahr. Während der Einzelhandel noch "leicht zuversichtlich" vor allem fürs Weihnachtsgeschäft ist, so der IHK-Konjunkturbericht, gehen inzwischen 18 Prozent (Frühjahr sechs Prozent) der Betriebe aus Gewerbe und Dienstleistung von schlechteren Geschäften aus - sowohl im Inland als auch im Ausland. "Die Konjunktur wird wohl in nächster Zeit auf der Stelle treten", sagt Peter Adrian, Präsident der IHK Trier und der IHK-Arbeitsgemeinschaft Rheinland-Pfalz. Und Matthias Schmitt ergänzt: "Die weltweiten Krisen und die lahmende EU-Konjunktur als auch das Zurückdrehen wirtschaftspolitischer Reformen machen vor allem der Industrie zunehmend das Leben schwer."

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Handwerk
Es mutet schon ungewöhnlich an, dass das regionale Handwerk in seiner jüngsten Konjunkturumfrage zum Herbst mit rundherum sehr guten Daten aufwarten kann. 90 Prozent der Betriebe beurteilen ihre derzeitige Geschäftslage mit gut oder befriedigend, drei Prozent mehr als noch im Frühjahr. Vor allem Metallbauer und Elektromaschinenbauer, aber auch das Kraftfahrzeug- und die Nahrungsmittelgewerbe (Bäcker, Metzger) als auch das Gesundheitsgewerbe sind zufriedener als noch im Frühjahr.
Die verbesserte Geschäftslage führt Christian Neuenfeldt von der Handwerkskammer (HWK) Trier vor allem darauf zurück, dass der private Konsum angezogen hat. Im Baugewerbe hätten "viele Verbraucher die niedrigen Zinsen zum Hausbau und Wohnungskauf genutzt und Handwerker engagiert", sagt er. Gleichzeitig sei das regionale Handwerk "wenig exportorientiert, so dass Krisen weniger stark ins Gewicht fallen". Immerhin jeder fünfte Betrieb berichtet denn auch über eine gute Auslastung von mehr als 70 Prozent.
Doch auch im Handwerk mehren sich erste Anzeichen eines Konjunktureinbruchs: So hat sich die durchschnittliche Reichweite der akquirierten Arbeitsaufträge vor allem im Bau von gut elf auf 8,6 Wochen verkürzt.
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Arbeitsmarkt
Aktueller und künftiger Hoffnungsschimmer im Wirtschaftsgeschehen ist der Arbeitsmarkt. "Es gibt keinen Einbruch, sondern weiter Stabilität", sagt Heribert Wilhelmi, Chef der Trierer Agentur für Arbeit. Im Vergleich zum Vorjahr gibt es allein in der Region Trier mit 3209 offenen Stellen zusätzlich rund 440 mehr als noch im September 2013. Vor allem aus dem Gesundheits- und Sozialwesen (Wilhelmi: "Der absolute Renner!"), aber auch aus den Branchen Verkehr und Lager kamen neue Stellen dazu. Insgesamt wurden seit Januar gut neun Prozent mehr offene Stellen gemeldet als im Vorjahr. "Bei mehr als 3000 zu besetzenden Stellen und weniger als 11.000 Arbeitslosen zeigt sich: Der Bedarf an Arbeitskräften ist weiterhin da", sagt Wilhelmi. Derzeit gebe es folglich keinen Grund, in Panik zu verfallen.
Das zeigt auch der aktuelle Höchststand an sozialversicherungspflichtig Beschäftigten: Mit 162.962 Arbeitnehmern ist ihre Zahl aus dem Frühjahr im Vergleich zum selben Zeitpunkt des Vorjahres nochmals um anderthalb Prozentpunkte gestiegen..
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Steuereinnahmen
Auch wenn die Wirtschaft schwächelt, so hat dies bislang keinen negativen Einfluss auf die Steuereinnahmen. In diesem Jahr sind die Steuereinnahmen von Bund, Ländern und Kommunen immerhin um drei Prozent auf fast 429 Milliarden Euro geklettert. Allerdings gehen die Experten davon aus, dass die Prognosen fürs Jahr 2015 schlechter ausfallen, da sich die Konjunkturschwäche verzögert auf die Steuern auswirken wird.

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