Regionale Wirtschaft rechnet nach Brexit mit schlechteren Geschäften

Trier/London. · Der Austritt Großbritanniens aus der EU hat auch Auswirkungen für die regionale Wirtschaft. Unternehmen rechnen mit Umsatzeinbußen bei Exporten auf die Insel. Für EU-Bürger wird es nicht mehr so einfach, dort zu arbeiten.

Das Nein der Briten zur EU ist ein Schock für Europa. Mit einem so klaren Bekenntnis zum Brexit - 51,9 Prozent stimmten für den Austritt aus der EU, 48,1 Prozent waren dagegen - hat kaum einer gerechnet. Der britische Premierminister David Cameron zieht die Konsequenzen aus seiner Niederlage bei dem Referendum. Er hat für Oktober seinen Rücktritt angekündigt. Die Brexit-Schockwelle sorgte auch für Turbulenzen an den Börsen. Die Aktienmärkte sind nach dem Votum der Briten weltweit eingebrochen. Der erste Schock wich zwar nach einem Kursbeben im Handelsverlauf. Für den deutschen Leitindex Dax stand am Freitagabend aber immer noch ein Abschlag von 6,82 Prozent auf 9557,16 Punkte auf der Anzeigetafel. Unterdessen wurden gestern in Großbritannien die Stimmen lauter, die eine neue Abstimmung über den Verbleib in der EU verlangten.

Der Trierer Politikwissenschaftler Joachim Schild hält jedoch die Brexit-Entscheidung für unumkehrbar. "Über die Entscheidung des britischen Souveräns wird sich keine Regierung hinwegsetzen können", sagte Schild im Interview mit unserer Zeitung. Großbritannien müsse nun aus der EU austreten. Das sei "keine Katastrophe", sagt der CDU-Europaabgeordnete Werner Langen aus Oberfell an der Mosel. "Wir können unseren Weg in der EU auch ohne das Vereinigte Königreich fortsetzen." Für den EU-Kommissionspräsidenten und ehemaligen Luxemburger Premierminister Jean-Claude Juncker bedeutet das Nein der Briten nicht, dass die EU auseinanderbricht. Juncker machte deutlich, dass es kein Zurück Großbritanniens geben werde: "Draußen ist draußen." Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) sprach von einem "wirklich traurigen Tag für Europa".

Wichtiger Handelspartner für Rheinland-Pfalz

Der rheinland-pfälzische Wirtschaftsminister Volker Wissing (FDP) betonte, dass jetzt alles getan werden müsse, um die negativen Folgen für die Arbeitsplätze im Land so gering wie möglich zu halten. Großbritannien ist wichtiger Handelspartner für Rheinland-Pfalz. Nach Angaben des Statistischen Landesamtes wurden 2015 Waren im Wert von 3,4 Milliarden Euro auf die Insel transportiert.

Auch die Unternehmen in der Region erwarten negative Auswirkungen durch den Brexit. Es könne zu Umsatzeinbrüchen und mehr Bürokratie kommen, sagt Jan Glockauer, Hauptgeschäftsführer der Trierer Industrie- und Handelskammer. Durch den Brexit werde das britische Pfund weiter an Wert verlieren. "Waren aus Deutschland werden damit für britische Unternehmen teurer", warnt Glockauer. Für England-Urlauber ist der Wertverlust des britischen Pfunds gegenüber dem Euro eine gute Nachricht. "Urlaube in Großbritannien werden zunächst billiger. Leben und arbeiten in Großbritannien wird für die EU-Bürger aber keine Selbstverständlichkeit mehr", sagt Politikwissenschaftler Schild. Nach dem Austritt sei Großbritannien nicht mehr an Arbeitnehmerfreizügigkeit und Niederlassungsfreiheit für Unternehmen innerhalb der EU gebunden. Einen Visumszwang für Reisen nach Großbritannien hält er für unwahrscheinlich.

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