Landespolitik Reichsbürger-Verdacht: Land verklagt Polizisten aus der Region

Trier/Mainz · Der Staat, den die Bewegung nicht anerkennt, wehrt sich. Dem Beamten droht die Entlassung aus dem Dienst. Und Rheinland-Pfalz entzieht der Szene rigoros die Waffen.

Foto: Jochen Lübke

Einem Polizisten aus der Region droht die Entlassung, weil er der Reichsbürger-Szene angehören soll. Das Polizeipräsidium Trier bestätigt, dass eine Disziplinarklage beim Verwaltungsgericht Trier eingereicht worden ist, will sich mit Verweis auf das laufende Verfahren inhaltlich aber nicht äußern. Gerichtssprecherin Heidi Heinen bestätigt auf TV-Anfrage, dass es  eine Klage des Landes wegen Pflichtverletzung der Verfassungstreue gibt. Bis eine öffentliche Verhandlung terminiert ist, könnten aber noch Monate vergehen, sagt sie.

Mit dem Gang vor Gericht zielt das Land darauf ab, den Polizisten dauerhaft aus dem Dienst zu entfernen. Der Beamte, der innerhalb des Polizeipräsidiums Trier gearbeitet hat, ist bereits seit Ende 2016 suspendiert. Auf erste Reichsbürger-Vorwürfe folgten interne Ermittlungen, die den Vorwurf offenkundig erhärteten (der TV berichtete mehrfach).

Für den rheinland-pfälzischen Verfassungsschutzchef Elmar May ist klar, dass ein Polizist nicht zugleich Reichsbürger sein darf. „Es ist obskur und schizophren, wenn jemand den Staat ablehnt, der ihn eigentlich verkörpern soll“, sagt May. Reichsbürger erkennen die Bundesrepublik Deutschland nicht als Staat an. Oft gelten für sie noch die Grenzen des Deutschen Reiches von 1937, sie lehnen Grundgesetz, Behörden und Gerichte ab. Zudem verweigern sie häufig Steuerabgaben oder die Zahlung von Bußgeld.

 495 Reichsbürger zählt Rheinland-Pfalz insgesamt, etwa 50 davon leben in der Region Trier. May spricht von einer „heterogenen Szene, die von Verschwörungstheoretikern bis hin zu Staatsfeinden reicht“. Was auffällt: Bundesweit steigt deren Zahl rapide an. 18 000 Reichsbürger hat der Verfassungsschutz inzwischen registriert,  vor etwas mehr als einem Jahr waren es noch 10 000 gewesen. May führt den Anstieg der Zahl darauf zurück, dass die Behörden „ein lange nicht ernst genommenes Dunkelfeld immer stärker aufhellen“. Die Kehrtwende beim staatlichen Vorgehen wurde durch Schüsse eines Reichsbürgers auf ein Spezialeinsatzkommando in Mittelfranken im Oktober 2016 ausgelöst. Dabei tötete der Schütze einen Polizisten.

Um ähnliche Fälle zu verhindern, greift Rheinland-Pfalz seit einem guten Jahr durch und will Reichsbürger entwaffnen. Mit ersten Erfolgen: 44 Reichsbürger mit waffenrechtlichen Erlaubnissen hat das Land momentan erfasst, in allen Fällen seien Widerrufsverfahren eingeleitet worden, teilt ein Sprecher des Innenministeriums mit. Etwa jeder dritte Fall sei bereits abgeschlossen, was für Reichsbürger auch den Entzug von Waffen zur Folge hatte.

Einen rechtsextremen Hintergrund weisen laut May in Rheinland-Pfalz bis zu drei Prozent der Reichsbürger auf. Deutschlandweit gilt das insgesamt für 950 Mitglieder der Szene, von der im Land nur etwas mehr als jeder Zehnte (zwölf Prozent) organisiert ist.