Rennzirkus in der Eifel: Zusatzgeschäft oder Existenzgrundlage?

Nürburgring · Was wird aus der Formel 1 am Nürburgring? Unter Umständen könnte der "Große Preis von Deutschland" am kommenden Sonntag das letzte Rennen seiner Art in der Eifel sein (der TV berichtete mehrfach). Viele Menschen im Dunstkreis der Nürburg leben zum großen Teil von der nicht unumstrittenen Veranstaltung. Der TV hat sich bei Betroffenen umgehört.

Nürburgring. Es ist noch früh am Morgen am Nürburgring. Im Kelberger Ortsteil Zermüllen herrscht noch Ruhe. Es tröpfelt ein wenig. In der Gaststätte "Eifelrast" fragen kurz nach neun Uhr zwei junge Leute, ob sie Frühstück haben können. Na klar, darauf ist man hier eingerichtet an solchen Tagen. Belegte Brötchen, Kaffee. Herzhafte Stärkung am frühen Morgen eben. Wir sprechen mit Günter Lehmeier, der hinter dem Tresen die Wünsche der Gäste entgegennimmt.
"Früher hat man hier Geld verdient während der Formel 1. Aber jetzt machen sie hier alles nach dem Rennen zur Einbahnstraße, da fahren die Leute durch und sind weg. Der Stau war unser Freund. Da war Geld verdient", sagt Lehmeier und fügt hinzu: "Ich sehe auch die vielen Zuschüsse für den Nürburgring nicht so wie andere Leute. Warum das? Ich muss mich und mein Geschäft doch auch selbst tragen." Nein, sagt Lehmeier mit Bestimmtheit, die Formel 1 brauche er nicht mehr. Und außerdem winke im nächsten Jahr die Rente.
Nur ein paar Ecken weiter an der Hauptstraße ist im Hotel Garni "Am Brunnen" bei Adelheid Hens schon reger Frühstücksbetrieb. Die Leute langen zu, freuen sich auf das Formel-1-Wochenende. "Wir haben viele Stammgäste, die immer kommen, um sich das Rennen anzusehen. Die buchen schon zwei Jahre vorher. Jetzt könnten wir nur noch jemanden aufnehmen, wenn storniert würde", erzählt die Wirtin. Ihr Tag beginnt zeitig "Frühstück hab ich schon um sieben Uhr gemacht." Das seit Generationen ansässige Haus lebt mit und von der Formel 1.
"Wenn hier nicht mehr gefahren würde in der Formel 1, wäre das ein Verlust für uns. Das merkt man, seit nur noch alle zwei Jahre Formel 1 ist. Um diese Jahreszeit kriegt man sonst das Haus nicht voll." Seit 50 Jahren macht Adelheid Hens im Schatten der Nürburg jetzt Geschäfte, wenn auf dem "Ring" die schweren Boliden rasen. Doch in absehbarer Zukunft will sie kürzertreten: "Dann steigt die Tochter ein."
Ein halbes Jahrhundert leben mit und vom Ring: Das trifft auch auf das Landhaus-Café Adams in Müllenbach zu. Eine Traditionsbäckerei in der dritten Generation. Und die vierte steht bereits in den Startlöchern, wie uns Inhaberin Ursula Adams erklärt. "Der Wegfall der Formel 1 wäre ein absoluter Verlust für uns. Wir sind hier auf alle Veranstaltungen angewiesen. Aber die Formel 1 ist ein richtig dicker Brocken." Zumal es die Familienbetriebe in der Region ohnehin nicht leicht hätten.
Die Konkurrenz macht vielen zu schaffen: "Die Großbäckereien können doch ganz anders kalkulieren als wir", sagt Ursula Adams. "Die Leute gucken heute viel mehr auf das Geld. Die Formel 1 ist deshalb sehr wichtig für uns. Wir könnten ohne den Nürburgring nicht existieren. Und zum Ring gehört nun mal die Formel 1." Gute und schlechte Erfahrungen haben Klaus und Alexandra Daniel im Hotel "Zur Burg" in Nürburg gemacht. "Wir haben uns auf das Unterbringen von Teams spezialisiert. In diesem Jahr sind Sauber und Force India bei uns", erzählen sie. Der Große Preis rangiert mit Ausrufezeichen in den Geschäftsbüchern. "Mit 80 Betten fünf Tage ausgebucht. Wie soll das sonst gehen?" Es gab aber auch schon schlechtere Tage: "Wir hatten mal an das Team Peugeot Prost vermietet. Als Prost dann pleite war, sind wir unserem Geld hinterhergelaufen." jüb

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