Rettungsdienst soll staatliche Aufgabe bleiben

Mainz · Privatunternehmen dürfen in Rheinland-Pfalz keine Kranken transportieren. Der Rettungsdienst obliegt Hilfsorganisationen wie DRK, Maltesern oder Johannitern. Während die EU eine Änderung plant, will Innenminister Roger Lewentz unbedingt an dem bewährten System festhalten.

Mainz. Die in Luxemburg ansässige Firma Medic Ambulance und deren Chef Thorsten Anker könnten vielleicht bald eine späte Genugtuung erfahren. Vor zwei Jahren hat Anker vor dem Verwaltungsgericht Trier gegen den Kreis Trier-Saarburg geklagt, weil dieser ihm untersagt hatte, mit seinen Krankenwagen Patienten ins Krankenhaus zu fahren. Anker wurde vom Gericht mit der Begründung abgewiesen, er habe für die Transporte keine Zulassung in Rheinland-Pfalz.
In diesen Tagen dürften Anker und andere Privatanbieter gespannt nach Brüssel blicken. Am 24. Januar berät dort der Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz des EU-Parlaments über einen Richtlinienentwurf der EU-Kommission. Dieser sieht unter anderem vor, das neue EU-Vergaberecht auch auf den Rettungsdienst anzuwenden. Das würde bedeuten, dass künftig europaweit ausgeschrieben werden müsste - und Privatanbieter den Zuschlag erhalten könnten.
DRK-Präsident Rainer Kaul hielte das für eine Katastrophe. "Für private Anbieter rechnet sich das in Mainz, Ludwigshafen oder Kaiserslautern. Wir sind aber ein Flächenland, der Bürger will auch Rettungswagen im Eifelkreis Bitburg-Prüm sehen", sagt er. Private könnten günstigere Preise nur anbieten, weil sie anders als die Hilfsorganisationen ihre Mitarbeiter nicht nach Tarif bezahlten, sondern teilweise unter der Mindestlohngrenze blieben, warnt Günther Lohre, Landesvorstand der Johanniter. Das Bestreben der EU kann Malteser-Präsident Constantin von Brandenstein-Zeppelin durchaus nachvollziehen. Andere Länder hätten mit der Organisation des Rettungsdienstes oder des Katastrophenschutzes große Probleme. Portugal habe etwa nur 5000 Feuerwehrleute, Rheinland-Pfalz alleine 55 000 Freiwillige. "Deutschland ist in einer beneidenswerten Lage. Bei uns wären nicht wie in Griechenland die Wälder abgebrannt", sagt von Brandenstein-Zeppelin.
Das DRK rechnet vor, es habe in Rheinland-Pfalz im vergangenen Jahr 850 000 Einsätze im Rettungsdienst gegeben, Kostenpunkt: 150 Millionen Euro. Das seien umgerechnet nur etwa 32 Euro die Stunde. "Nicht von ungefähr haben die Krankenkassen als Kostenträger daran überhaupt nichts zu meckern", sagt Innenminister Roger Lewentz.
Stolz verweist der Sozialdemokrat darauf, das Land habe bundesweit die meisten ehrenamtlichen Helfer. "Die ehrenamtlichen Katastrophenschützer profitieren von den hauptamtlichen Rettungsdienstlern", ergänzt DRK-Präsident Rainer Kaul.
Der Katastrophenschutz, der bei großen Unglücksfällen mit vielen Verletzten zum Einsatz kommt, sei nur mit ehrenamtlichen Kräften zu stemmen. Oswald Fechner, Landesvorsitzender des Arbeiter-Samariter-Bundes, verweist darauf, dass auch der Einsatz von Ehrenamtlern bei Großveranstaltungen wie Rockkonzerten oder Fußballspielen infrage gestellt sei.
Der Innenminister will im Schulterschluss mit den Hilfsorganisationen den Rettungsdienst gegen die Brüsseler Pläne verteidigen. "Eine europaweite Ausschreibung würde das bewährte System in Rheinland-Pfalz völlig auf den Kopf stellen", begründet Lewentz. Nur eine enge Verzahnung von Rettungsdienst, Katastrophenschutz und Krankentransport mit Hauptamtlern und Ehrenamtlern sei sinnvoll.
FDP-Landeschef Volker Wissing gibt zu bedenken, die EU könne auf einer Anwendung des Vergabeverfahrens bestehen. Wissing wirft Lewentz "politische Bockigkeit" vor. Es sei Aufgabe des Ministers und der rot-grünen Landesregierung, das Vergabeverfahren EU-konform zu organisieren.

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