Rheinland-pfälzische Grüne lecken nach dem Wahldebakel ihre Wunden

Mainz · Nicht nur an der Parteibasis rumort es nach dem desaströsen Abschneiden der Grünen bei der Landtagswahl in Rheinland-Pfalz. Auch im Vorstand gibt es Kritik an der thematischen Ausrichtung der Partei.

Wortkarg geben sich die rheinland-pfälzischen Grünen einen Tag nach dem Wahldesaster. Wer versucht, mit den Parteichefs Katharina Binz oder Thomas Petry zu reden, stößt zunächst auf taube Ohren. Am Montagmittag tagt der Landesvorstand hinter verschlossenen Türen in der Geschäftsstelle in der Mainzer Innenstadt. Es scheint als wollten die Grünen zunächst mal nicht auf ihre Niederlage angesprochen werden. Von 15,4 auf 5,3 Prozent der Wählergunst ist die Partei abgestürzt.

Zerknirscht wirken die beiden Grünen-Spitzenkandidaten Köbler und Eveline Lemke am Sonntagabend, als sie im Steinsaal des Mainzer Landesmuseum zusammen mit Wahlsiegerin Malu Dreyer (SPD), Verliererin Julia Klöckner (CDU), FDP-Chef Volker Wissing und dem AfD-Vorsitzenden Uwe Junge vor die Presse treten. Die Grünen seien mit ihren Themen im Wahlkampf nicht durchgedrungen, übt Lemke leichte Selbstkritik. Die SPD habe mit ihrer Zweitstimmenkampagne für sich und nicht für Rot-Grün geworben, kritisiert die Spitzenkandidatin.

Aus der Vorstandssitzung ist am Montagmittag zu hören, es sei wohl ein Fehler der Partei gewesen, den Wahlkampf auf die Fortsetzung der rot-grünen Koalition auszurichten, statt klar nur auf Grün zu setzen. Und gleichzeitig zu betonen, dass Dreyer Ministerpräsidentin bleiben solle. Entscheidend für den Wahlausgang ist aus Sicht von Grünen-Umweltministerin Ulrike Höfken, dass viele grüne Wähler Dreyer vorne sehen wollten. Man habe sich stark an die SPD gekoppelt, das sei nun zu hinterfragen.

Ein Sitzungsteilnehmer spricht von konstruktiven Gesprächen, bei denen es natürlich auch "rumore". Insgesamt sei die Stimmung aber "erstaunlich gut". Es gehe nicht in erster Linie darum, jetzt einen Schuldigen für das Desaster zu finden, heißt aus Kreisen der Vorstandssitzung.

Einige Parteimitglieder sehen das aber anders. Wie etwa die Saarburger Grünen-Politikerin Stephanie Nabinger, der der Sprung in den Landtag nicht mehr gelungen ist. Sie fordert unumwunden den Rücktritt Köblers, den sie für die Niederlage verantwortlich macht. Vor allem wegen des umstrittenen Positionspapiers zur Flüchtlingspolitik, das viele Parteimitglieder als Kehrtwende der Grünen-Politik betrachten. Lemke und Grünen-Integrationsministerin Irene Alt waren an der Formulierung des Papiers ebenso beteiligt. Köbler hatte die nicht mit dem Parteivorstand abgestimmten Inhalte der Presse vorgestellt.

Am Samstag tagt der Kleine Parteitag, das höchste Entscheidungsgremium der Grünen, in Kaiserslautern. Offiziell geht es dabei um das Wahlergebnis und eine mögliche künftige Koalition mit SPD und FDP. Doch könnte sich dann auch der Frust der Basis entladen, die Konsequenzen nach dem Wahldebakel fordert.

Man dürfe sich jetzt nicht zerfleischen, sagt ein ranghohes Parteimitglied. Zunächst gehe es darum, zu analysieren, warum man derart gescheitert ist. Das habe nicht unbedingt mit Personen zu tun, sondern auch mit Themen wie etwa Windkraft, auf die man womöglich zu einseitig gesetzt habe. Selbstkritisch scheinen die Grünen auch ihre Rolle in der rot-grünen Regierung unter Dreyer zu sehen, die 2013 die Nachfolge von Kurt Beck angetreten hatte. Die Ökopartei sei in den vergangenen Jahren zum Juniorpartner verkümmert, der es schwer gehabt hat, in der Öffentlichkeit noch wahrgenommen zu werden, heißt es aus dem Umfeld des Grünen-Vorstands.

Dabei scheint man sich durchaus bewusst zu sein, dass man in einer möglichen Ampelkoalition aus SPD, FDP und Grünen über diesen Status in den nächsten fünf Jahre auch nicht hinauskommen wird. Doch offenbar scheint man an der Parteispitze einem rot-gelb-grünem Bündnis nicht abgeneigt zu sein. Es sei die einzige Möglichkeit, zumindest ein paar grüne Akzente in der neuen Landesregierung zu setzen.

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