Rheinland-pfälzische Grüne votieren für Ulrike Höfken und Anne Spiegel als Ministerinnen

Lahnstein · Die Landes-Grünen stellen mit Ulrike Höfken und Anne Spiegel zwei Ministerinnen im zukünftigen Kabinett. Das beschloss am Wochenende ein Parteitag. Unklar ist dagegen noch, wie es mit der Parteispitze weitergeht.

"Die Zeit des Wundenleckens ist vorbei. Gut, dass ihr den Blick jetzt nach vorne richtet", rief der eigens angereiste Grünen-Bundesvorsitzende Cem Özdemir am Samstag seinen rheinland-pfälzischen Parteifreunden zu. Wenn da mal nicht der Wunsch Vater des Gedankens war.Beeindruckende Geschlossenheit

Zwar ist es Fakt, dass die Grünen nach der denkwürdigen Schlappe bei der Landtagswahl mit kaum für möglich gehaltener Geschlossenheit den Koalitionsvertrag der Ampel ausgehandelt und abgesegnet haben. Und ja, auch das Parteitagsvotum für die beiden designierten Ministerinnen Ulrike Höfken (Umwelt) und Anne Spiegel (Integration) hatte mit nur vier Enthaltungen schon fast sozialistische Züge.

Und dennoch sind längst nicht alle Wunden des Wahldesasters von Mitte März verheilt. Wie auch?! Die rheinland-pfälzischen Grünen verloren gegenüber der Wahl vor fünf Jahren satte zehn Prozentpunkte an Stimmen. Mit 5,3 Prozent wären sie beinahe sogar noch an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert. Statt bislang 18 gehören dem nächsten Landtag nur noch sechs Grünen-Abgeordnete an, statt drei Minister stellen die Grünen im nächsten Kabinett Dreyer nur noch zwei. Der stellvertretende Ministerpräsident kommt zukünftig von den Liberalen.

Während Fraktionschef Daniel Köbler und Wirtschaftsministerin Eveline Lemke relativ zügig erklärten, Verantwortung für das schlechte Wahlergebnis übernehmen zu wollen und in der neuen Legislaturperiode nicht mehr für ein herausgehobenes Amt zur Verfügung zu stehen, hielt sich die Parteispitze in diesem Punkt bislang auffällig zurück.
Immerhin sprach sich der Vorstand dafür aus, den nächsten Parteitag mitsamt der Vorstandsneuwahlen um ein halbes Jahr auf Dezember vorzuziehen.

Zuvor sollte die Partei noch eine nach Meinung der Parteispitze überfällige Strukturdebatte führen. Denn die grünen Parteistrukturen stammten noch aus der Zeit in der außerparlamentarischen Opposition. Zudem haben die Grünen wegen der massiven Stimmenverluste künftig gut 100.000 Euro jährlich weniger zur Verfügung. Ohne Einsparungen beim Landesverband ist das nicht zu erreichen.

Einige an der Basis - wie der Kreisverband Südliche Weinstraße - wollten den Parteitag der Strukturdebatte vorziehen. Sie zogen bei der Abstimmung aber klar den Kürzeren.

Grünen-Landesvorsitzender Thomas Petry (52) hatte zu Beginn des Parteitags auch mit Selbstkritik nicht gespart. Mangelnde Geschlossenheit der Grünen, gegenseitiges Blockieren und die starke Konzentration auf CDU-Spitzenkandidatin Julia Klöckner hätten dazu geführt, dass die Grünen bei der Landtagswahl zehn Prozentpunkte einbüßten. Am Ende habe der Wähler nicht mehr gewusst, wofür die Grünen eigentlich stehen, bilanzierte Petry.

Ob er bei der vorgezogenen Vorstandswahl selbst noch einmal kandidiert, ließ der seit 2013 gemeinsam mit Katharina Binz an der Spitze der Grünen stehende Petry offen: "Ob ich antrete, kann ich nicht sagen." Auch seine Vorstandskollegin lässt dies bislang offen. Aber es gab für das Duo auch Lob: Wie es gemeinsam mit den anderen grünen Verhandlern das Ampel-Koalitionspapier ausgehandelt habe. Da steckten mehr grüne Inhalte drin, als die 5,3 Prozent Wahlergebnis vermuten ließen, spöttelte selbst Grünen-Bundeschef Cem Özdemir.

Unfreiwillig komisch wirkte auch ein Zitat des neuen Grünen-Fraktionschefs Bernhard Braun, der dem miserablen Ergebnis sogar noch etwas Positives abgewinnen konnte: "Wir haben die 5,3 Prozent nur erreicht, weil wir gekämpft und viel Wahlkampf gemacht haben", so der grüne Altvordere. Das passende Resümee zog am Ende die Trierer Bundestagsabgeordnete Corinna Rüffer. "Eine gute Mischung aus Streicheleinheiten und Diskussionen", bescheinigte Rüffer dem Parteitag.

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