Landtagswahl 2021 CDU-Spitzenkandidat Baldauf plant Vorschulen mit verpflichtenden Deutschtests in Rheinland-Pfalz

Ludwigshafen · Spitzenkandidat schwört CDU mit Bildung, Innovation und fortschrittlichem Klimaschutz auf die Landtagswahl 2021 ein. Der Ampelkoalition in Rheinland-Pfalz wirft er vor, ein Abstiegsprogramm zu fahren.

  Jackett aus, Hemdsärmel hochkrempeln: CDU-Spitzenkandidat Christian Baldauf will in die Mainzer Staatskanzlei. „Wir werden kämpfen. Bis eine Minute vor 18 Uhr am 14. März 2021“, sagt er beim Parteitag.

Jackett aus, Hemdsärmel hochkrempeln: CDU-Spitzenkandidat Christian Baldauf will in die Mainzer Staatskanzlei. „Wir werden kämpfen. Bis eine Minute vor 18 Uhr am 14. März 2021“, sagt er beim Parteitag.

Foto: dpa/Uwe Anspach

Als Christian Baldauf seine kämpferische Rede gehalten hat, quietschen die Stühle in der Friedrich-Ebert-Halle von Ludwigshafen, weil sich die CDU-Delegierten für den Mann erheben, der die Partei bei der Landtagswahl 2021 nach 30 Jahren Opposition zurück in die Mainzer Staatskanzlei führen soll. Der ganze Saal steht und klatscht.

Der ganze Saal? Nein. Michael Billen, der unbeugsame Ex-Landtagsabgeordnete aus Kaschenbach in der Eifel, verfolgt das Geschehen zwar stehend, lässt die Hände aber lieber in der Hosentasche stecken, schaut mürrisch drein und setzt sich schnell wieder hin. Der stille Protest des Bauerns aus der Eifel schadet seinem alten Rivalen Baldauf an dem Tag aber nicht.

Die Christdemokraten wählen den 53-Jährigen mit 98,6 Prozent zum Spitzenkandidaten, der die Liste anführt. Baldauf erntet nur zwei Nein-Stimmen, nachdem er in der Halle zur „zweiten Halbzeit“ für die CDU eingeschworen hat. In einem Video-Einspieler stellt er den Bezug zum Fußball-WM-Finale 1954 her, das Deutschland nach einem 0:2-Rückstand gegen Ungarn noch triumphal 3:2 gewann.

Ein Vergleich, der eigentlich hinkt und vielleicht doch passt. Geht es nach den Umfragen, liegt die CDU mit 34 Prozent vor der SPD mit 26 Prozent. Und doch verteidigt die Ampelkoalition aus SPD, FDP, Grünen eine knappe Mehrheit. Die Bekanntheitswerte von Baldauf bleiben in Corona-Zeiten überschaubar, und selbst Anhänger der Christdemokraten würden den Zahlen zufolge im direkten Vergleich eher die amtierende Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) wählen als den eigenen CDU-Herausforderer.

Doch Baldauf kämpft. Am Ende seiner Rede auf dem Parteitag zieht er das Jackett aus, ein Akt, mit dem Ex-US-Präsident Barack Obama schon am Brandenburger Tor die Herzen der Massen gewann. Dann krempelt Baldauf die Ärmel seines weißen Hemds hoch und ruft den rund 250 Delegierten in dem Raum zu: „Wir Christdemokraten werden kämpfen. Bis eine Minute vor 18 Uhr am 14. März 2021“, sagt er und erntet dafür viel Applaus.

Ein Manko, das Kritiker Baldauf vorwerfen, geht der Pfälzer und Fan des 1. FC Kaiserslautern bei dem Parteitag energisch an. Er zeichnet erste eigene Linien, wie er selbst Rheinland-Pfalz im Falle eines Wahlsiegs verändern will. Wie in der Bildungspolitik. Eine CDU-Regierung, kündigt er an, werde „Starterklassen, eine reguläre Vorschule im letzten Kindergartenjahr einführen, mit verbindlichen Deutschtests für alle Vorschulkinder und mit verpflichtenden Förderhilfen.“ Zu viele Grundschüler wechselten in Rheinland-Pfalz nach der vierten Klasse die Schule, ohne lesen und schreiben zu können. Wer kein gutes Deutsch könne, verliere schnell den Anschluss, bekomme Probleme in Schulen, Ausbildung, Uni, Arbeitsplatz, warnt der CDU-Mann, der sich auch für eine Wochenstunde mehr an Deutschunterricht in Grundschulen ausspricht.

Das ist nicht alles. Baldauf hebt auch hervor, als Ministerpräsident nahezu jedes Ministerium im Land umbauen zu wollen. Das Integrationsministerium will er abschaffen und ins Innenressort schieben. „Ankunft, Bleiben, Ein-zu-Hause finden, aber auch Abschiebung wollen wir in einer Hand.“ Ganz neu fordert er ein Ministerium für Innovation, Forschung, Wissenschaft und Energie, um Rheinland-Pfalz „zum Gründerland“ zu machen. In der Staatskanzlei wolle er eine Steuerungsstelle für Bioökonomie schaffen. Sie solle „Herzkammer“ einer Politik werden, die „innovativen Klimaschutz und die Erhaltung unseres Wohlstands in Einklang“ bringt.

Hart ins Gericht geht Baldauf mit der amtierenden Ampelkoalition, die ein „Abstiegsprogramm“ fahre, geschlossene kleine Kliniken, marode Brücken, schwindelerregende kommunale Schuldenberge und hohen Unterrichtsausfall in Schulen verantworte.

Millionenschwere Großprojekte setze sie in den Sand. In der SPD duckten sich nach der Gefängnisstrafe für Ex-Finanzminister Ingolf Deubel diejenigen bei der Nürburgring-Affäre weg, die einst am Kabinettstisch gesessen hätten, tadelt er. „Dreyer, Ahnen, Lewentz, Hering, Schweitzer – der Club der völlig Ahnungslosen. Die halbe Landesregierung leidet an einem chronischen Verdrängungssyndrom“, wettert Baldauf scharf. Den Grünen – das höchste Gericht im Land hatte in deren Umweltministerium Beförderungen einkassiert – wirft er „Günstlingswirtschaft“ vor. In der Wirtschaft liege Rheinland-Pfalz in vielen Ranglisten im hinteren Mittelfeld, während der zuständige Minister Volker Wissing als FDP-Bundesgeneralsekretär nach Berlin fliehe und sein Ministergehalt weiterkassiere. „Vom Ampelmann zum Hampelmann“, quittiert Baldauf.

Mit wem der CDU-Spitzenmann im Falle eines Wahlsieges am liebsten eine Koalition bilden will, lässt er offen. Ein Bündnis mit der AfD schließt er klar aus. Die AfD betreibe respektlose, unverfrorene Geschäfte mit der Angst der Menschen. „Die Worte, die dieser Tage gefallen sind – ,Migranten erschießen oder vergasen’– sind an Menschenverachtung nicht mehr zu überbieten. Diese Partei ist politisch das Allerletzte, aber keine Alternative für Deutschland“, sagt er.

Das klingt entschlossen und bringt Applaus. Nach seiner Wahl schenkt ihm CDU-Landeschefin Julia Klöckner einen Fußball mit den 52 Unterschriften aller Listenkandidaten für die Wahl 2021. Nun liegt es an Christian Baldauf, den Ball bis zum 14. März 2021 ins Tor zu schießen.

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