Landtagswahl 2021 Warum Joachim Streit nicht als Direktkandidat in Bitburg-Prüm antritt - und was er zu einer möglichen Koalition im Landtag sagt

Der Landrat vom Eifelkreis Bitburg-Prüm ist dafür Spitzenkandidat der Freien Wähler auf der Landesliste. Die will in den Landtag ziehen. Schafft er es, schließt er eine Koalition nicht aus, geht aber vorher mit den anderen Parteien hart ins Gericht.

Rheinland-Pfalz: Darum tritt Joachim Streit (Freie Wähler) nicht als Direktkandidat in Bitburg-Prüm
Foto: Rudolf Höser

Joachim Streit zieht als Spitzenkandidat für die Freien Wähler in die Landtagswahl am 14. März 2021. Warum aber tritt Streit nicht als lokaler Direktkandidat an, sondern sein Sohn Jakob, wo der Vater als Landrat vom Eifelkreis Bitburg-Prüm doch sicher gute Chancen hätte?

Unserer Zeitung sagte er im digitalen Redaktionsgespräch: „Das ist eine Geschichte, die das Leben schreibt.“ Bevor ihn der Landesverband der Freien Wähler zur Spitzenkandidatur anfragte, habe sein Sohn Jakob schon Interesse am Direktmandat angemeldet. Entstanden sei die Idee beim Abendessen, als Streit eigentlich Ehefrau Petra zur Kandidatur überreden wollte, die im Kreistag und Stadtrat von Bitburg sitzt. Die habe geantwortet, es könne „nur einen hauptamtlichen Vollpolitiker in der Familie geben“. Sie sei in Sorge gewesen, dass die Familie zerbreche, wenn sie in die Landespolitik gehe, schildert Joachim Streit. „Daraufhin sagte Jakob, dass er kandidieren will. Das ist die ganze Story“, sagt der Landrat, der seinem Sohn „Mumm“ attestiert und „stolz ist, dass er in die Fußstapfen seines Vaters tritt“.

Chancen, selbst in den Landtag einzuziehen, sieht Joachim Streit dennoch. In der jüngsten Insa-Umfrage liegen die Freien Wähler bei drei Prozent. Joachim Streit äußert sich zuversichtlich, die Fünf-Prozent-Hürde zu überspringen. In Bayern hätten die Freien Wähler bei der Wahl 2008 in Umfragen zwischenzeitlich bei 3,8 Prozent gelegen und seien mit 10,2 Prozent in den Landtag eingezogen. Auf kommunaler Ebene seien die Freien Wähler in Rheinland-Pfalz stark vertreten, in Neustadt an der Weinstraße mit mehr als 30 Prozent. „Wir haben unsere Kampagne ausgerollt, die Großplakate stehen an markanten Plätzen. Die Zahlen werden schnell über fünf Prozent steigen“, behauptet Streit, der von einer „Hauruck-Stimmung“ spricht.

Und falls es klappt mit dem Einzug in den Mainzer Landtag? Regieren ja, aber nicht beliebig in eine Koalition ziehen, ist das Credo von Streit. Nach fast drei Jahrzehnten SPD-geführter Regierung sei es an der Zeit für den Machtwechsel. „Wenn zu lange dieselben an den Schaltstellen sitzen, führt das zu Filz, Trägheit und Blindheit“, kritisiert Streit. „Wir wollen auf gar keinen Fall Teil einer Ersatzampel werden.“ Sind die Schnittmengen mit der CDU größer? Auch da äußert sich der Eifeler kritisch. CDU-Spitzenkandidat Christian Baldauf müsse sich „enorm strecken, wenn das mit uns was werden soll“. Baldauf fehlten „der Biss“ und „die Visionen für Rheinland-Pfalz“. Im Landtag, so Streit außerdem, seien kaum Bürgermeister noch Landräte; Landtagsabgeordnete würden eher Landrat werden als Landräte Abgeordnete, moniert er. In den Ministerien sieht er zu wenig Beamte, „die sich hochgedient haben“.

Gerade mit der amtierenden Ampelregierung geht er hart ins Gericht. „Dramatisch ist es bei den Grünen“, sagt Streit und meint damit den Beförderungsskandal. Umweltministerin Ulrike Höfken zollt er Respekt, vor Ende ihrer Amtszeit den Rücktritt erklärt zu haben. Das habe er der Eifelerin auch in einem Brief geschrieben und sich für ihre Arbeit bedankt. Fragwürdige Beförderungen gebe es aber auch im Integrationsministerium der grünen Spitzenkandidatin und neuen Umweltministerin Anne Spiegel. Die werde aber zur „Doppel- und Superministerin“. Das zeige, dass es Spiegel an Haltung fehle, tadelt Streit. Hart teilt der Spitzenkandidat der Freien Wähler auch gegen die FDP aus. „Ich verbinde mit Wirtschaftsminister Volker Wissing und seiner Spitzenkandidatin Daniela Schmitt in den fünf Regierungsjahren keinen einzigen Punkt.“ Das Nahverkehrsgesetz, das den ÖPNV zur kommunalen Pflichtaufgabe machen soll, entmachte Städte und Kreise, betont Streit und kündigt an: „Ich werde meinem Kreistag vorschlagen, gegen das Gesetz zu klagen.“

Streit sagt, er vermisse die Abstimmung zwischen Ministerien, um PS auf die Straße zu bringen. In Dörfern drohten große Sanierungsgebiete, in denen in den kommenden zehn Jahren viele Leerstände zu erwarten seien. Er fordert, Bauherren in Orten unter 1000 Einwohnern leichter steuerliche Abschreibungen zu erlauben, um dem Bauen auf dem Land einen Schub zu geben. Angesichts wegbrechender Hausärzte schlägt er Genossenschaftsmodelle wie im Eifelkreis Bitburg-Prüm vor, was Mediziner bei Abrechnungen und Terminvergaben entlaste, die keine 365 Tage im Jahr als Landarzt arbeiten wollten. Im Bund sei es falsch gewesen, Wehrpflicht und Zivildienst auszusetzen, weil junge Menschen ihre Lebenspartner heute in Mainz und fernab des ländlichen Raums kennenlernten. Streit lehnt auch ab, kleine Kliniken zu schließen.

Den ganzen exklusiven Plusartikel über den FWG-Spitzenkandidaten Joachim Streit mit dem Titel „Eifel-Landrat zieht’s in den Mainzer Landtag“ lesen Sie HIER.