Gewinner und Verlierer in Landes-AfD bei Bundesvorstandswahl „Wie Kai aus der Kiste“

Mainz/Trier · Bei Landes-AfD gibt es nach Bundesparteitag zwei Verlierer und einen Sieger.

Das Machtkarussell in der rheinland-pfälzischen AfD dreht sich nach dem Bundesparteitag in Braunschweig erneut in eine unerwartete Richtung. Joachim Paul, Fraktionsvize im Mainzer Landtag, hat es als Beisitzer in den Bundesvorstand geschafft. Uwe Junge, Fraktionschef im Landesparlament, scheiterte bei seiner Kandidatur um einen Stellvertreterposten krachend. „Die Wahl stärkt Herrn Paul in der innerparteilichen Wahrnehmung, die Nicht-Wahl schwächt Herrn Junge“, sagt der Trierer Parteienforscher Uwe Jun.

Paul gelang innerhalb weniger Wochen die Wende vom Verlierer zum Strahlemann. Vorwürfe, vor Jahren für ein NPD-nahes Magazin geschrieben zu haben, konnte Paul bislang nicht aus der Welt räumen. Im November verzichtete er – auch unter parteiinternem Druck – auf die Kandidatur als AfD-Landeschef. Nun sitzt er im Bundesvorstand. Der Trierer und neue AfD-Landesvorsitzende Michael Frisch sagt, die Bewerbung von Paul habe ihn „überrascht“. Aus Parteikreisen heißt es, Paul sei „wie Kai aus der Kiste gehüpft“. Angesichts der immer noch schwelenden Vorwürfe werde seine Kandidatur kritisch gesehen.

Paul selber ging auf Anfrage unserer Zeitung nicht auf die Anschuldigungen ein, sondern sagte, er wolle der Partei seine Fähigkeiten zur Verfügung stellen. Der Koblenzer setzt darauf, den Social-Media-Bereich der AfD zu verbessern. Beim Parteitag nannte er das Ziel, eine „Gegenöffentlichkeit“ zu „etablierten Medien“ herstellen zu wollen. Kein einzelner Bürger solle mehr für Staatspropaganda zahlen müssen, sagte Paul über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der ihn mit Enthüllungen erst in Bedrängnis gebracht hatte. In Braunschweig gewann Paul auch damit Stimmen, das vom Oberverfassungsgericht längst gekippte Burkini-Verbot in Koblenz als AfD-Erfolg zu verkaufen.

Zwei andere rheinland-pfälzische AfD-Politiker erlebten hingegen Enttäuschungen. Die Bundestagsabgeordnete Nicole Höchst unterlag im Rennen um den Parteivorsitz erwartungsgemäß deutlich. Uwe Junge, der den Landesvorsitz für seine Bundeskandidatur aufgegeben hatte, hörte gar Buhrufe aus dem Björn-Höcke-Lager. Dem ZDF sagte Junge: „Der Flügel erscheint skrupellos. Da gibt's keine Ehre.“ Mit seiner Position, die Nähe zu CDU und FDP zu betonen, um im Zweifel auch koalitionsfähig zu werden, stehen er und Verbündete wie der Berliner Georg Pazderski offenbar nicht gerade in der Mitte der AfD. Junge-Gegner sagen wiederum, er sei in der Partei isoliert.

Der 62-Jährige gibt sich dagegen kämpferisch. Er werde sich stärker auf die Fraktion konzentrieren und in Kreisverbände fahren, um dort die landespolitische Arbeit zu erläutern. „Ich ziehe mich nicht in den Schmollwinkel zurück“, sagt Junge. „Aktuell“ habe er immer noch die Absicht, die AfD in die Landtagswahl 2021 zu führen. Ansprüche dieser Art können aber genauso Michael Frisch und – plötzlich wieder – Joachim Paul stellen.

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