Flüchtlinge Rheinland-Pfalz erwartet mehr Alterskontrollen bei Flüchtlingen

Mainz/Trier · Rheinland-Pfalz erhöht den Druck auf unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, indem es verstärkte Nachprüfungen vornehmen lässt, ob ihr angegebenes Alter wirklich stimmt. Anlass dafür ist der tödliche Messerangriff auf eine 15-Jährige im pfälzischen Kandel, bei dem die Staatsanwaltschaft einen afghanischen Flüchtling wegen Mordes angeklagt hat. Der Ex-Freund des Mädchens hatte angegeben, 15 Jahre alt zu sein. Ein medizinisches Gutachten ging später davon aus, dass er etwa 20 Jahre alt war.

Das Land stellt nun mit Handlungsempfehlungen an die Jugendämter klar, ab wann ein junger, unbegleiteter Flüchtling ein Zweifelsfall ist, bei dem eine medizinische Altersfeststellung zwingend fällig ist. Jugendämter seien in der Frage rechtlich unsicher gewesen, sagte Integrationsstaatssekretärin Christiane Rohleder. „Wir sind das erste Bundesland, das den Begriff wirklich auslegt“, erläuterte die Grüne, die derzeit Ministerin Anne Spiegel (ist zum vierten Mal Mutter geworden) vertritt.

Detlef Placzek, Chef des Landesjugendamts, rechnet mit einem Zuwachs an medizinischen Altersfeststellungen. 20, 30 Fälle pro Monat hält er für möglich. Zum Vergleich: Im ganzen vergangenen Jahr hat es in Rheinland-Pfalz acht Untersuchungen gegeben. Die Kosten – gut 1500 Euro pro Prüfung – zahlt das Land. Burkhard Müller vom Landkreistag rechnet nicht zwangsläufig mit Mehraufwand. Im Gegenteil: Ein unbegleiteter minderjähriger Flüchtling, der in einer stationären Einrichtung betreut werde, könne monatlich bis zu 4500 Euro kosten, schildert Müller. Solche Leistungen, da sind sich die Beteiligten einig, sollen aber nur Betroffene bekommen, die dazu wirklich berechtigt sind.

Die Untersuchungen, die bis zum Röntgen von Handknochen und Schlüsselbein führen können, soll künftig verstärkt die Mainzer Unimedizin übernehmen. Zum 1. Juni soll im Landesjugendamt dazu ein Kompetenzzentrum für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge entstehen, das Kommunen berät. Verfahren will das Land künftig in höchstens vier Schwerpunktjugendämtern bündeln, von denen eines schon das in Trier ist. Derzeit leben in Rheinland-Pfalz 2500 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge.

CDU-Fraktionschef Christian Baldauf sagt, das grün-geführte Integrationsministerium beuge sich nun dem öffentlichen Druck, nachdem es die Altersfeststellung lange als inhuman und untauglich bezeichnet habe. Matthias Joa (AfD) spricht vom „Versagen der Landesregierung“.

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