Rheinland-Pfalz Land kämpft mit Bechern gegen Plastikmüll

Mainz/Trier · Viele Bäckereien, Tankstellen und Cafés bieten Heißgetränke günstiger an, wenn Kunden ihre eigenen Behälter mitbringen.

 Einweg-Kaffeebecher und   Plastikschalen stapeln sich  an einem Gehweg.   Weggeworfene Pappbecher   und ausgespuckte Kaugummis   verschmutzen nicht nur die Umwelt.

Einweg-Kaffeebecher und Plastikschalen stapeln sich an einem Gehweg. Weggeworfene Pappbecher und ausgespuckte Kaugummis verschmutzen nicht nur die Umwelt.

Foto: dpa/Gregor Fischer

Es sind schauderhafte Zahlen, die die rheinland-pfälzische Umweltministerin Ulrike Höfken runterbetet. Pro Stunde werfen die Deutschen 320 000 Kaffeebecher weg, sagt die Eifelerin. Rasant angestiegen ist der Wert, seit der sogenannte Coffee-to-go immer stärker im Trend liegt – ein Heißgetränk, das der Kunde sich in den Pappbecher schütten lässt, einen Plastikdeckel darauf stülpt und dann auf dem Fußweg trinkt. Die Grünen-Politikerin warnt eindringlich: „Die Becher sind Teil des weltweiten Plastikmüll-Problems. Auch in unseren Flüssen und Nebengewässern gibt es Mikroplastiken, die im Darm von Fischen landen und am Ende beim Menschen.“ Damit soll bald Schluss sein.

Mit einer Becher-Kampagne will die Landesregierung den Plastikmüll eindämmen. Das Umweltministerium startet ein Bonus-Programm, bei dem sich Bäckereien, Tankstellen, Cafés einbringen können. Die Idee: Wer selber einen Mehrwegbecher mitbringt und diesen befüllen lässt, bekommt von den Betrieben einen Zehn-Cent-Rabatt auf Kaffee oder Tee. Ganz neu ist die Idee nicht: In Bernkastel-Kues hatte die Entwicklungsagentur schon 2017 einen Mehrwegbecher entworfen, mit dem Kunden ihren Kaffee in manchen Betrieben für 30 Cent günstiger kaufen können.

260 Filialen hat das Ministerium landesweit nun für sein Modell gewinnen können. Aus der Region sind Anbieter aus Trier und Bitburg dabei. „Und täglich gehen etliche E-Mails mit Anfragen bei uns ein“, sagt Höfken, die das Modell am Montag in einer Bio-Bäckerei in Mainz vorstellte und willigen Unternehmen Informationsmaterial bereitstellt.

Der so genannte Becher-Bonus stößt in Rheinland-Pfalz bereits auf breiten Rückhalt. Daniela Franke, geschäftsführende Direktorin des Landkreistags, warnt vor haufenweise unachtsam weggeworfenen Pappbechern mit Plastikdeckeln. „Kommunen entstehen hohe Kosten, weil sie den Müll beseitigen müssen“, beklagt sie. Laut der Antwort des Verkehrsministeriums auf eine Kleine Anfrage des SPD-Landtagsabgeordneten Benedikt Oster gab es eine Untersuchung über illegal weggeworfenen Müll in Rheinland-Pfalz zuletzt im Jahr 2013. 5500 Tonnen fielen danach in dem Jahr an, die Straßenarbeiter aufsammeln mussten. Dazu gehören auch Coffee-to-go-Becher. „Bei ihnen besteht das Problem, dass sie eben sehr häufig auf Reisen, Fußwegen oder Fahrten genutzt werden und so leider auch häufiger mal  am Wegesrand zurückgelassen werden“, sagt Franke.

Beim Becher-Bonus hofft sie auf eine Bewegung. „Jeder Einzelne muss irgendwann ein schlechtes Gefühl haben, umweltschädliche Einwegbecher zu nutzen.“ Bei der Plastiktüte habe das auch geklappt. „Wenn ich beim Einkaufen meinen Stoffbeutel vergessen habe, ärgere ich mich inzwischen darüber“, erzählt Franke.

Und die Betriebe? Hermann Paul vom Bäckerinnungsverband Südwest sagt, diese könnten von günstigeren Heißgetränken profitieren, weil Becher-Müll sich nicht mehr vor den Geschäften stapele. Bedenken, wonach strenge Hygiene-Regeln die Bäcker gängeln könnten, seien inzwischen ausgeräumt. Die Lösung: Mitarbeiter müssten prüfen, ob Becher sauber seien. Und mitgebrachte Behälter dürften bei den Maschinen nicht den Abfüller berühren, aus dem der heiße Kaffee läuft. Gewinne für Betriebe erwartet Paul wiederum nicht. „Wir zahlen eher drauf“, schätzt der Landesinnungsmeister. Ein Pappbecher mit Deckel koste eine Bäckerei in der Anschaffung fünf, sechs Cent. Paul schiebt aber hinterher: „Immer mehr Kunden fragen nach einem solchen System und wollen ihre eigenen Becher mitbringen. Auf die Wünsche gehen wir ein.“

Die Idee übernommen hat das Land  von Hessen, das den Becher-Bonus bereits seit drei Jahren bewirbt. 900 Filialen von 120 Unternehmen beteiligen sich im Nachbarland an der Aktion, sagt die hessische Umweltministerin Priska Hinz (Grüne). Geht es nach ihr, braucht es dauerhaft ein bundesweites Mehrwegbecher-System. Heißt: Wer in der Eifel einen Mehrwegbecher beim Bäcker kauft und in den Zug nach Frankfurt steigt, soll ihn im besten Fall dort wieder abgeben dürfen. Auch Ulrike Höfken liebäugelt damit. Sie kündigt an, alle kommunalen Ideen zu Mehrwegbecher-Systemen bündeln und vernetzen zu wollen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort