Landwirtschaft Schäfer in der Region bangen um ihre Existenz

Trier/Mainz · Der Nachwuchs fehlt, das Geld ist knapp: Die Schafhüter schlagen deutschlandweit Alarm. Auch eine junge Triererin fordert Hilfe vom Staat.

 Kein Bock auf Zukunftssorgen: Mit einem Tier und einer Petition im Schlepptau werben der Grünen-Abgeordnete Andreas Hartenfels, die Wanderschäferin Lisa Vesely, Matthias Reuter, Umweltministerin Ulrike Höfken und Berufsschäfer Günther Czerkus für politische Hilfen.

Kein Bock auf Zukunftssorgen: Mit einem Tier und einer Petition im Schlepptau werben der Grünen-Abgeordnete Andreas Hartenfels, die Wanderschäferin Lisa Vesely, Matthias Reuter, Umweltministerin Ulrike Höfken und Berufsschäfer Günther Czerkus für politische Hilfen.

Foto: Florian Schlecht

Ein Bock steht auf dem Helmut-Kohl-Platz in Mainz und frisst Gras. Zärtlich streichelt Lisa Vesely dem Tier über den Kopf und lächelt. Denn Schafe sind die Welt der Triererin. Bei Wind und Wetter zieht die Schäferin mit ihren Tieren von Konz bis tief in den Hunsrück, wo sie die Tiere weiden lässt. „Nach dem Abi wollte ich noch Tierärztin werden. Doch dann dachte ich: Nein, ohne Schafe kann ich nicht leben“, erzählt Vesely. Ihr Wunsch sei, den Beruf noch 35 Jahre zu machen. „Wenn ich darf“, sagt die 29-Jährige mit finsterem Blick.

Denn die Triererin bangt um ihre Existenz – und die meisten Schäfer in Deutschland mit ihr.  In zwölf Landtagen werben Schafhüter am Donnerstag für eine Weidetierprämie, die ihr finanzielles Überleben retten soll. Bei 38 Euro pro Mutterschaf und Jahr soll der Betrag nach Wunsch der Schäfer liegen. 22 Länder in der Europäischen Union zahlen schon eine solche Prämie, Deutschland sträubt sich dagegen noch, was die Schäfer beklagen. Mit Bock, Glocke und Weste kämpft auch Vesely in Mainz mit zwei Eifelern für Hilfen vom Staat – und vielleicht die Zukunft einer ganzen Branche.

„Die Lage bei den Schäfern ist dramatisch“, sagt Günther Czerkus vom Bundesverband der Berufsschäfer. Der Wallenborner (Eifelkreis Bitburg-Prüm) beklagt niedrige Preise für Lammfleisch und Wolle, die den Schäfern zu schaffen machten. Und, so sagt der Eifeler: „Beim Gehalt springt ohnehin gerade mal etwas mehr als die Hälfte des Mindestlohns raus.“ Der liegt in Deutschland bei 8,84 Euro in der Stunde. Vesely sagt, die meisten Schäfer kommen im Monat nicht mal auf 1000 Euro. „Ich bete schon dafür, dass die Betriebsfahrzeuge keinen Schaden nehmen, weil ich kaum Geld dafür habe, sie reparieren zu lassen“, sagt die Schäferin. „In manchen Monaten, in denen es nur am regnen war und ich im Freien stand, habe ich schon mal überlegt, warum ich das Ganze überhaupt noch mache.“ Vesely sieht in den schweren Umständen den Grund, warum immer weniger junge Menschen den Beruf wählen.

Als junge Frau ist die Triererin eine Exotin in einer Branche, die männlich dominiert ist und deren Durchschnittsalter bei 58 Jahren liegt, weiß Czerkus. „Wenn wir Sitzungen haben, trifft mit ihr der Kindergarten auf eine Rentnerband“, scherzt er. Das hat Folgen: Verbände rechnen vor, dass in Rheinland-Pfalz nur noch bis zu 80 Schäfer hauptberuflich arbeiten, wo es vor 30 Jahren noch Hunderte gewesen seien. Die Zahl der Schafe sei im Land in den vergangenen Jahren um zwei Drittel zurückgegangen“, berichtet Czerkus.

Die rheinland-pfälzische Umweltministerin Ulrike Höfken (Grüne) sieht darin die Natur bedroht. „Schafe sind unsere besten Umweltschützer“, sagt die Eifelerin. Der Beitrag der Tiere, um Grünlandflächen zu erhalten, sei von herausragender Bedeutung für die Artenvielfalt. „Sind die Schafe weg, wachsen die Flächen zu – und dann kommen immer weniger Touristen“, warnt auch Czerkus.

Die Proteste der Schäfer finden bundesweit Anklang. Mit einer Petition sammelten sie schon mehr als 120 000 Unterschriften (siehe Info). Höfken kündigt an, dass sich Rheinland-Pfalz bei der Agrarministerkonferenz in Münster am 25. April für die Weidetierprämie einsetzen werde. Am Zug sei aber der Bund, der bis zum 1. August eine Mitteilung an die europäische Kommission machen und die Prämie bereits 2019 einführen könne.

Damit spielt Höfken den Ball zu CDU-Landeschefin und Bundesagrarministerin Julia Klöckner. Aus dem Ministerium gibt es am Donnerstag aber keine Stellungnahme auf eine TV-Anfrage.

Vesely hofft auf gute Nachrichten aus Berlin – und die Prämie. Bei 750 Schafen könnte sie mit 28 500 Euro rechnen. „Das würde schon helfen“, sagt die 29-Jährige, die ihr Leben für die Schafe nicht aufgeben will: „So lange es Wege für meine Tiere gibt, werde ich mit meiner Herde weiter durch Trier ziehen.“

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